Umgangsregelung in der Corona-Zeit
von Dr. phil. Sonja Deml | 15. April 2020
Soziale Kontakte sollen auf ein Minimum beschränkt sein. Für Kinder, deren Eltern getrennt leben, gibt es gesonderte Regelungen hinsichtlich des Umgangs.
Die Wohnung und das eigene Grundstück dürfen nur aus triftigen Gründen verlassen werden und soziale Kontakte müssen gemieden werden. Dürfen Kinder von getrennt lebenden Eltern den anderen Elternteil während der Ausgangsbeschränkungen aufgrund der Corona-Krise überhaupt noch sehen? Das BMJV (Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz) hat dafür klare Regelungen festgelegt.
Umgangsrecht in der Corona-Krise
Die Vorgabe, soziale Kontakte zu vermeiden, bezieht sich nicht auf die blutsverwandte Familie, selbst wenn die Eltern getrennt sind und in unterschiedlichen Haushalten leben. Grundsätzlich dürfen Eltern und Kinder ihre Wohnung verlassen, um den Umgang wahrzunehmen. Das stellt nämlich einen triftigen Grund dar. Das Kind hat ein Recht auf den gewohnten Umgang und die Eltern haben die Pflicht, für diesen zu sorgen. Die Rechtsordnung verbietet den Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen also nicht, sondern das Ministerium beruft sich auf das Wohl des Kindes beim Umgangsrecht in der Corona-Zeit. Der Umgang muss kindeswohlgerecht geregelt sein.
Kein Umgang in der Corona-Zeit
Ob der Umgang mit dem anderen Elternteil für das Kind schädlich ist, beurteilt im Einzelfall das Familiengericht. Dieses kann den Umgang dann einschränken oder ausschließen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Zu einer Einschränkung des Umgangsrechts können folgende Gegebenheiten führen:
- erhöhte Ansteckungsgefahr für das Kind beim anderen Elternteil oder einer weiteren im Haushalt lebenden Person
- Kontakt zu einer positiv getesteten Person
- erforderliche Quarantänemaßnahmen
- Kind oder Elternteil bzw. weitere Personen im Haushalt gehören einer Risikogruppe an
Sollten bei einem Elternteil Bedenken hinsichtlich der Risikobegrenzung, ein vermindertes Gefahrenbewusstsein oder absichtliches Ignorieren der Ausgangsbegrenzung bekannt sein, kann der Umgang bei Uneinsichtigkeit ebenfalls ausgeschlossen werden.
Umgang kann krisenbedingt nicht eingehalten werden
Wenn ein krisenbedingter Grund vorliegt, der den Wechsel des Kindes zum anderen Elternteil unmöglich oder nur durch Inkaufnahme eines erhöhten Risikos möglich macht, dann liegt nicht zwangsläufig eine schuldhafte Verletzung der Umgangsregelung vor. Somit kann auch kein Ordnungsgeld wegen Umgangsverweigerung verhängt werden. Der vom bisherigen Betreuungsmodell abweichende Elternteil muss aber darlegen, dass er für die Zuwiderhandlung der Umgangsvereinbarung nicht verantwortlich ist.
Wohnen die Großeltern im selben Haushalt wie der getrennt lebende Elternteil oder arbeitet dieser in einem Beruf mit erhöhter Ansteckungsgefahr, ist es sinnvoll, den Besuch des Kindes zu verschieben.
Falls der Umgang krisenbedingt nicht eingehalten werden kann, sollten Eltern dennoch den Kontakt zum anderen Elternteil aufrechterhalten. Telefon, Skype, Handynachrichten, Videos, Sprachnachrichten, Postkarten, Päckchen, Briefe usw. sind gute Möglichkeiten.
Umgang in der Corona-Krise gestalten
Kommt es zum Umgang, muss dieser möglicherweise anders strukturiert werden. Das beginnt bereits bei der Fahrt zur sogenannten Übergabe. Das Kind sollte möglichst zuhause abgeholt werden. Das Nutzen öffentlicher Verkehrsmittel und Kontakt zu außenstehenden Personen zum anderen Elternteil sollten vermieden werden. Ist die Distanz groß oder kann das Kind nicht abgeholt bzw. persönlich hingebracht werden, sollte man die Begegnung verschieben.
Ferner muss sich der Elternteil überlegen, wie er die Zeit mit seinem Kind verbringt. Eine kleine Wohnung ohne ausreichend Spiel- bzw. Beschäftigungsmöglichkeiten oder Bücher kann bei schlechtem Wetter zur Belastungsprobe werden. Kindern wird es momentan schnell langweilig und dann ist es gut, möglichst viele Angebote parat zu haben.
Tipp: Arbeitet der Elternteil, bei dem das Kind überwiegend lebt, in einem systemrelevanten Beruf mit einer erhöhten Ansteckungsgefahr, wie dies zum Beispiel bei VerkäuferInnen, PflegerInnen, ÄrztInnen, ErzieherInnen usw. der Fall ist, kann es klug sein, das Kind während der Corona-Krise zum Elternteil im Homeoffice zu geben. Selbst wenn dem Kind durch die systemrelevante Arbeit des Elternteils eine Notfallbetreuung zusteht, birgt diese eine erhöhte Ansteckungsgefahr.
Aktuelle Infos des BMJV zur Umgangsregelung während Corona erhältst du hier
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