Mein Kind ist am Gymnasium überfordert – was tun?
von Dr. phil. Sonja Deml | 13. Oktober 2022
Schulstress überfordert Kinder und Eltern wissen mit der Situation oft nicht umzugehen. Hier kommen Infos und Tipps für Familien…
Eltern wollen die bestmögliche Schulbildung für ihr Kind, damit ihm später einmal sämtliche berufliche Chancen offenstehen. Doch nicht alle Kinder mit Empfehlung fürs Gymnasium kommen dort auch tatsächlich zurecht. Die Gründe sind vielfältig genauso wie die Lösungsmöglichkeiten.
Anzeichen einer schulischen Überforderung
Schulische Überforderung lässt sich nicht nur an den schlechter werdenden Noten festmachen. Ein Leistungsabfall kann unterschiedliche Ursachen haben. Klassische Symptome für Überforderung sind Schlafstörungen, Kopf- oder Bauchschmerzen bzw. andere psychosomatische Erkrankungen, Rückzug des Kindes oder Gereiztheit bis hin zu Aggressivität. Aber auch Konflikte mit Klassenkameraden oder Lehrern können auf Überforderung hindeuten. Manche Schüler resignieren und machen weder ihre Hausaufgaben noch bereiten sie sich auf Tests vor. Andere investieren extrem viel Zeit ins Lernen und vernachlässigen Hobbys, Sozialkontakte und ihre persönlichen Bedürfnisse. Eltern sollten unbedingt mit ihrem Kind sprechen, wenn sie Anzeichen einer Überforderung feststellen, um negativen Auswirkungen möglichst schnell entgegenzuwirken.
Überforderung von Kindern in der Schule: Die Folgen
Das Selbstwertgefühl überforderter Kinder leidet. Manche entwickeln Ängste hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft oder möchten ihre Eltern nicht enttäuschen. Sie fühlen sich als Versager. Diese Schüler können Depressionen oder Burn-out-Erkrankungen bekommen, Essstörungen entwickeln und sich in Süchte flüchten (z.B. Alkohol, Drogen, Online-Spielsucht). Manche bauen den Schuldruck auch durch „Ritzen“ ab und im schlimmsten Fall haben überforderte Kinder sogar Suizidgedanken.
Hilfe bei Überforderung am Gymnasium
Da es um das Kind geht, sollte dieses auch entscheiden, ob es überhaupt auf dem Gymnasium bleiben möchte oder lieber nicht! Will es die Schule nicht verlassen, beraten die Eltern zusammen mit der Klassenleitung, einem Vertrauenslehrer oder einer sozialpädagogischen Fachkraft, was das Kind benötigt (zum Beispiel Nachhilfe, mehr Zeit bei schriftlichen Arbeiten, Auszeiten während des Unterrichts, einen neuen Sitznachbarn, der schnell mal was erklären kann, eine andere Zweig- oder Sprachwahl). Manchmal hilft es auch, freiwillig eine Klasse zu wiederholen.
Möchte das Kind nicht auf dieser Schule bleiben, kommt womöglich ein anderes Gymnasium mit einer anderen Ausrichtung in Frage. Manchmal ist eben das naturwissenschaftliche Gymnasium nicht das richtige und das Kind ist auf einem humanistischen, musischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasium weniger überfordert, weil es seine Stärken in einem dieser Bereiche hat. Vielen Kindern tut auch ein Wechsel auf die Realschule gut. Wer möchte, kann trotzdem Abitur machen, denn es führen viele Wege zum Abi. Zudem gibt es freie Schulen und Privatschulen mit interessanten Konzepten. Kinder, die eine Auszeit vom regulären Schulbetrieb brauchen, sind bei der Flex-Fernschule gut aufgehoben. Hier lernen sie in ihrer vertrauten Umgebung und in ihrem eigenen Tempo so lange bis sie gestärkt genug sind, um wieder am Schulleben teilzunehmen.
Tipps für Eltern
Eltern von überforderten Kindern sollten liebevoll auf sie eingehen und versuchen, ihr Kind zu verstehen. Schafft eine Umgebung voller Geborgenheit und nehmt euch viel Zeit füreinander. Bitte behaltet immer das Kindeswohl im Auge und berücksichtigt die Wünsche eures Kindes. Nehmt euer Kind an die Hand und führt es aus dieser Überforderung heraus. Es wird weder stark noch glücklich, wenn es sich am Gymnasium quält, sondern wenn es lernt, Alternativen zu finden und seinen eigenen Weg zu gehen.
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