Hilfe, mein Kind bringt mich zur Weißglut!

von | 31. Oktober 2019

Kinder sind das größte Glück ihrer Eltern. Doch manchmal machen Kinder ihre Eltern so richtig wütend. Wie sollten Eltern damit umgehen?

wütendes KindEltern haben es manchmal nicht leicht mit ihren Kindern, doch wenn man die Situationen genau betrachtet, dann haben es die Kinder manchmal gar nicht so leicht mit den Erwachsenen. In vielen Fällen gibt es Streit weil die Situation stressig ist, das Kind übermüdet ist oder die Eltern auf seine Bedürfnisse nicht eingehen bzw. sie gar nicht wahrnehmen. Und dann gibt es willensstarke Kinder und die treffen auf willensstarke Erwachsene und schon kracht es. Wenn Eltern so richtig wütend auf ihre Kinder werden, kann das böse ausgehen. Eltern fühlen sich hilflos, machtlos, nicht respektiert und werden aggressiv. Im schlimmsten Fall schlagen die Eltern zu. Doch zum Glück gibt es Tipps für wütende Mütter und Väter…

Das macht Eltern wütend

Die Kommunikationstrainerin Jeannine Mik und die Eltern- und Familienberaterin Sandra Teml-Jetter haben Mütter nach Situationen gefragt, in denen sie wütend werden (auf Väter dürften ähnliche Auslöser zutreffen). Wut kocht bei Müttern beispielsweise hoch, wenn ihr Kind mit Spielzeug wirft, schreit, mit Essen spielt, etwas mit ideellem Wert kaputtmacht, nicht aufräumt oder sich zu sehr in etwas reinsteigert. Mütter werden ebenfalls wütend, wenn ihr Kind sie schlägt, nicht im Kinderwagen sitzen bleibt, nicht einschläft, lügt oder undankbar ist. Wut auslösende Situationen entstehen, wenn Aggression (verbal und körperlich) im Spiel ist oder Situationen nicht so sind, wie Eltern sich das gerade wünschen.

Hintergründe der Wut

Wenn Eltern ihre Wut hinterfragen, merken sie oft, dass an der Wut nicht unbedingt das Kind schuld ist, sondern Ängste und unbefriedigte Erwartungen der Eltern die Situation schlimm machen. Nicht selten sind schlichtweg die Grundbedürfnisse der Eltern im Alltag gar nicht gedeckt – wie in Ruhe essen zu können, genug Schlaf zu finden oder sich zu entspannen, wenn es ihnen selbst nicht gut geht. Konnten wir auf das eine Quengeln gestern noch entspannt eingehen, lässt es uns heute ausflippen! Wer gestresst, müde und hungrig ist, kann nur ganz schwer rational bleiben. Auch Probleme bei der Vereinbarung von Beruf und Familie, Partnerschaftskonflikte oder die Schwierigkeiten als Alleinerziehende belasten sehr. Und dann machen wir schnell mal eine Mücke zum Elefanten. Doch für die Befriedigung der Grundbedürfnisse sind die erwachsenen Menschen verantwortlich. Erst wenn sie auf ihr eigenes Wohlbefinden achten, können sie achtsam mit sich selbst und mit ihren Kindern umgehen.

Weißglut: Die 90-Sekunden-Regel

Wenn wir von Wut erfasst werden, wird eine automatische Reaktion im Gehirn ausgelöst und ein Mix an Chemikalien freigesetzt. Die fahren durch unseren Körper. Unser Gehirn ist in der Zeit mit deren Verarbeitung beschäftigt und wir haben keine Ressourcen, um uns adäquat um unser Kind zu kümmern und es durch seine eigene Wut zu begleiten. Unser Körper befindet sich in einer Notsituation und wir können nicht mit der Weißglut umgehen, fühlen uns von der gewaltigen Welle richtig übermannt. Das vertraute Elend kommt in Gang: schimpfen, schreien, Türen knallen, bestrafen usw. Wir wissen, dass das alles noch schlimmer macht…
Doch wütende Eltern können sich entscheiden: Entweder reagieren sie jetzt heftig oder sie lassen die Wut durch sich hindurchfließen. Die Wut als automatische Körperreaktion dauert nur 90 Sekunden. 90 Sekunden, in denen Eltern auf einer emotionellen Welle surfen und sie dann aus ihrem Körper spülen! Es kommt also aufs Emotionsmanagement an…

Emotionsmanagement bei Wut

Vielen Eltern hilft es bereits zu wissen, dass die Wut nach 90 Sekunden den Körper verlässt. Und diese 90 Sekunden lassen sich doch irgendwie aushalten, oder? Was Eltern tun können, um ihre Emotionen unter Kontrolle zu haben, ist individuell. Sie sollten sich auf jeden Fall nicht die Frage stellen „Was soll ich tun?“, sondern vielmehr „Was will ich tun?“. Welche Mutter bzw. welcher Vater will ich sein, wie will ich mich in solch einer Situation präsentieren und wie komme ich dort hin? Für die meisten Eltern ist es gut, erstmal den Raum zu verlassen, wenn eine Situation zu eskalieren droht. Alleine sein, durchatmen, zur Ruhe kommen und dann sieht das zornige, verheulte Kind schon wieder etwas niedlicher, fast schon bemitleidenswert aus. Schließlich ist das Kind ja auch wütend und in Not! Jeannine Mik und Sandra Teml-Jetter empfehlen Eltern um sich abzuregen ein großes Glas Wasser zu trinken. Dabei wird der Parasympathikus aktiviert, der hilft, bei Stress wieder in die Gegenwart zu finden. Körperkontakt gibt uns ebenfalls Halt und zu besserer Laune verhilft uns unsere Lieblingsmusik. Grundsätzlich sollten sich Eltern regelmäßig überlegen, welche Stressoren sie reduzieren und wie sie ihren Alltag angenehmer gestalten können. Das entspannt große und kleine Familienmitglieder enorm und entzieht der Weißglut ihre Grundlage!

Quelle: Mik, Jeannine/Teml-Jetter, Sandra (2019): Mama, nicht schreien! Liebevoll bleiben bei Stress, Wut und starken Gefühlen. Kösel, München

Foto:  isakarakus – Canva.com
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