Unvereinbarkeit von Familie und Beruf

von | 18. April 2016

Familien versuchen es und scheitern tagtäglich daran: Familie und Beruf zu vereinbaren. Familien können all ihren Anforderungen nicht gerecht werden.

vater mutter sohn eltern erziehungFamilien heute rotieren wie in einem Hamsterrad. Mütter und Väter möchten gute Eltern sein, Karriere machen, ihren Kindern eine gute Ausbildung bieten, die Miete oder die Raten fürs Eigenheim regelmäßig bezahlen und sie rackern sich dafür täglich ab. Der Tag hat aber nur 24 Stunden und somit bleibt immer zu wenig Zeit für die Kinder, für den Partner, für den Job und für sich selbst. Das zehrt ganz schön an der Substanz.

Die Vereinbarkeitslüge

Obwohl es Familien von Politik, Staat, Arbeitgebern, Ratgebern und auch von der Gesellschaft vielfach propagiert wird: Es ist eine Lüge, dass ganz normale Familien Arbeit und Familie so einfach vereinbaren können. Es bleibt irgendwie immer ein Bereich auf der Strecke und Väter und Mütter ärgern sich, dass sie den widerstreitenden Anforderungen nicht gerecht werden (können) und haben fast ständig ein schlechtes Gewissen: ihren Kindern gegenüber, dem Partner gegenüber, ihrem Arbeitgeber gegenüber, sich selbst gegenüber. Viele Familien sind einfach ausgebrannt. Da helfen auch nicht die wenigen Monate Elternzeit, die Erhöhung des Kindergeldes um ein paar Euro oder mehr Kita-Plätze. Es geht heutzutage einfach nicht, Familie und Beruf so zu vereinbaren, dass alle damit glücklich sind, sagen die beiden Väter Marc Brost und Heinrich Wefing.

Warum wir Familie, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können

Unklare Rollenmodelle, übersteigerter Ehrgeiz, die Verdichtung von Arbeit und Zeit sowie das Versagen von Wirtschaft und Politik sind einige Gründe, warum es Familien gerade so schwer haben. Dazu kommt der innere Druck, perfekt sein zu wollen und die Angst, abgehängt zu werden. Familien verwenden heute trotz der offiziellen Verkürzung der Wochenarbeitszeit pro Woche 24 Stunden mehr für die Arbeit als das noch 1965 der Fall war. Aufs Jahr gerechnet sind das 52 Tage weniger für die Familie, für die Kinder, für die Partnerschaft und für einen selbst! Und laut einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung arbeiten Väter sogar 2-5 Wochenstunden mehr als ihre kinderlosen Kollegen. Dabei findet ein großer Teil der Arbeit außer Haus statt. Arzthelferinnen, Busfahrer oder Verkäuferinnen können nun mal kein Home-Office betreiben. Okay, Familien könnten sich einschränken, weniger arbeiten und mit einem geringeren Gehalt vorliebnehmen. Das täte allen Beteiligten sicherlich sehr gut: Vielarbeiter könnten ihre Kinder mal bei Tageslicht sehen und Schichtarbeiter würden sich das Bett mit ihrem Ehepartner nicht mehr zu unterschiedlichen Zeiten teilen. Aber wie ist das machbar in einer Zeit, in der die Löhne sinken, unbefristete Arbeitsverträge Seltenheitscharakter bekommen und ein volles Gehalt oftmals schon für die Miete draufgeht?

Die Folgen der Unvereinbarkeit von Beruf und Familie

Familien, die alles miteinander vereinbaren wollen, überfordern sich selbst und das jahrelang! Die Folgen dieser Selbstüberforderung sind Schlafmangel, Stress, Gereiztheit, Streitlust, ein kaputter Rücken, ein unzufriedener Partner, eine kaputte Ehe, ein unzufriedenes oder sog. verhaltensauffälliges Kind (das zu wenig Liebe bekommen hat), eine Karriere, die trotz aller Bemühungen gescheitert ist usw.

Sollen Frauen wieder in die Hausfrauenrolle schlüpfen?

Marc Brost und Heinrich Wefing sowie viele aus der heutigen Elterngeneration haben noch eine Hausfrau als Mutter erlebt, die nach der Schule mit einem leckeren Mittagessen ihre Kinder begrüßte, sie anlächelte und die Kinder einfach liebevoll auffing, ihnen geduldig bei den Hausaufgaben half. Zuhause war etwas Warmes, Behagliches, Schönes und Ruhiges, das wir unseren Kindern häufig nicht bieten (können). Wir rackern uns für die Familie ab. Doch ist es das wert und was bekommen unsere Kinder stattdessen? Die Autoren würden gerne sagen: ausgeglichenere erfülltere Eltern, aber das ist natürlich nicht so. Sie wünschen ihren Kindern so eine idyllische Kindheit. Doch ist das machbar?

Quelle: Brost, Marc/Wefing, Heinrich (2015): Geht alles gar nicht. Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg

Illustration: shockfactor.de – Fotolia.com
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