Familie XXL: Der Alltag von Großfamilien

von | 9. September 2011

Großfamilien bzw. Mehrkinderfamilien werden immer seltener. Der Alltag und die Situation der Kinder in XXL Familien wurde vom Deutschen Jugendinstitut untersucht.

GroßfamilieGroßfamilien werden immer seltener, sie werden romantisiert oder als asozial bezeichnet. Wir wissen nicht viel über den Alltag von Mehrkinderfamilien. Das Deutsche Jugendinstitut hat sich mittels einer Studie dieses Themas angenommen:

Kinderreiche Familie: eine Randerscheinung?

Familien mit mehr als drei Kindern gelten als kinderreich. In Westdeutschland liegt ihr Anteil bei 10,6%, in Ostdeutschland bei 7,5%. Ein Drittel aller Kinder wächst mit mindestens zwei Geschwistern auf. Die Mehrheit der Großfamilien ohne Migrationshintergrund wohnt auf dem Land, Großfamilien mit Migrationshintergrund wohnen eher in der Stadt.

Die typische Großfamilie

Es gibt keine typische Großfamilie. Dazu zählen kinderreiche, verheiratete und nichteheliche Lebensgemeinschaften, Alleinerziehende und Patchworkfamilien. Man muss Größe und Zusammensetzung, Lebensführung, Qualität der Familienbeziehungen, Familiengründungsprozesse, Familienbiographien sowie die ökonomische Situation betrachten, um einen Einblick in den Alltag von Mehrkinderfamilien zu bekommen.

Familienplanung XXL

Die meisten Eltern planten vor der Heirat eine große Familie. Die Eltern führen eine stabile Partnerschaft, sind oft religiös engagiert und mit mehreren Geschwistern aufgewachsen. Sie sind früh von zuhause ausgezogen und rasch Eltern geworden. Die Geburtenfolge ist dichter als bei Ein- und Zweikinderfamilien. Die Mehrheit der Kinder sind Wunschkinder und die Eltern sind bereit, zeitliche und finanzielle Einschränkungen in Kauf zu nehmen.

Bildungsniveau und Arbeitsteilung in Großfamilien

Die meisten Kinder haben in diesem Kontext verheiratete Frauen mit niedriger Bildung. Unter Großfamilieneltern haben Vater und/oder Mutter zu 28% das Abitur. Die geschlechtstypische Arbeitsteilung der Eltern ist in Mehrkinderfamilien traditioneller als in Kleinfamilien. Die Mütter sind seltener erwerbstätig, doch die Hälfte dieser Frauen geht einer Erwerbstätigkeit neben dem Familienleben nach. In Familien mit mindestens vier Kindern sind überdurchschnittlich oft beide Eltern nicht erwerbstätig.

Die Situation der Kinder

Kinder, die mit mehreren Geschwistern aufwachsen, sind früher selbstständig, helfen öfter im Haushalt und betreuen ihre Geschwister, mit denen sie sich viel ohne die Eltern beschäftigen. Obwohl viele Mehrkinderfamilien in einer eigenen Immobilie wohnen, haben nicht alle Kinder ein eigenes Zimmer. Ab dem dritten Kind steigt das Armutsrisiko, vor allem in jungen, bildungsschwachen Mehrkinderfamilien in ressourcenarmen Wohngegenden, in Patchwork-Mehrkinderfamilien und großen Einelternfamilien.

Der Bildungserfolg der Kinder ist durch die Verteilung von kognitiven und materiellen Ressourcen auf mehr Kinder geringer als in kleineren Familien. In Großfamilien unterscheidet sich der spätere Lebenserfolg der Kinder, gemessen an Bildung und Einkommen, stärker als in kleinen Familien: Je niedriger der sozioökonomische Status der Eltern, desto größere Differenzen können sich im Sozialstatus zwischen den erwachsenen Geschwistern zeigen. In privilegierten Familien gibt es einen hohen Zusammenhang zwischen dem Sozialstatus des Elternhauses und dem späteren eigenen sozialen Stand.

Patchwork-Mehrkinderfamilien

Große Patchwork-Familien müssen besondere Herausforderungen meistern: Sie haben spezielle familiendynamische Prozesse durch unterschiedliche (festgefahrene) Familiensysteme und müssen Rollen, Loyalitäten und Zuständigkeiten in der neuen Familienkonstellation aushandeln. Die Bewältigung des Familienalltags mit Kindern unterschiedlicher Eltern verlangt viel Fingerspitzengefühl und Organisationstalent, wenn das Problem der Multilokalität hinzukommt.

Große Einelternfamilien

Große Einelternfamilien bestehen überwiegend aus alleinerziehenden Müttern. Sie sind besonders belastet, denn sie leben häufig in prekären materiellen Verhältnissen: Das Einkommen ist gering und die Mutter hat wenig Zeit für die Kinder. Das Stressniveau ist höher, Regeneration findet kaum statt und alle Entscheidungen lasten auf einem Elternteil.

Übrigens ist die Zufriedenheit mit der Familie und der Paarbeziehung in großen Familien, die selbstbestimmt leben und deren Situation keine Zwangslage ist, sehr hoch.

Quelle: Keddi, Barbara/Zerle, Claudia/Lange, Andreas/Cornelißen, Waltraud (2010): Der Alltag von Mehrkinderfamilien – Ressourcen und Bedarfe. Forschungsbericht. München

Foto: Dieter Haugk / pixelio.de

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