Wie Bonuseltern Probleme in der Patchworkfamilie lösen

von | 18. Juli 2011

Zusammen mit den Kindern des Partners eine Patchworkfamilie zu bilden, ist nicht einfach. Wie Sie als Bonuseltern Probleme in der Patchworkfamilie lösen können...

PatchworkfamilieDer Begriff „Stieffamilie“ ist out. Der dänische Familientherapeut Jesper Juul hat den optimistischeren Terminus „Bonuseltern“ eingeführt, was auf eine positive Erweiterung des Familiengefüges hindeutet. Dennoch ist es für die Kinder und die beteiligten Erwachsenen schwierig, sich zu arrangieren. Juul beschäftigt sich wie der deutsche Psychologe Gerhard Bliersbach, der selbst in einer Patchworkfamilie lebt, mit den gängigen Problemen und beide schlagen Lösungswege vor. Wir schauen uns das mal aus der Sicht des Bonuselternteils an…

Kontaktaufnahme mit den Kindern des Partners

Kinder erfassen die Persönlichkeit von Erwachsenen messerscharf. Deshalb, so Juul, versuchen Sie nicht, sich einzuschmeicheln oder eine Rolle zu spielen, sondern öffnen Sie Ihr Herz und seien Sie natürlich. Nehmen Sie die Kinder Ihres Partners so an, wie sie sind. Stellen Sie nicht nur Fragen, sondern erzählen Sie von sich. Zwingen Sie den Bonuskindern nichts auf, wozu sie nicht bereit sind. Kinder hassen Aufdringlichkeit; lassen Sie den Kindern das Tempo bestimmen. Schlagen Sie vor, mal was alleine mit den Kindern zu unternehmen.

Was kommt mit der Patchworkfamilie auf mich zu?

Sie können den leiblichen Elternteil nicht ersetzen, sondern müssen Ihren eigenen Platz in der Familie finden. Es gibt nach Bliersbach eine naturwüchsige Konkurrenz zwischen leiblichem Elternteil und Ihnen. Rechnen Sie mit der eigenen Tendenz zur Rivalität und beobachten Sie sich gut. Sie müssen sich nicht nur mit den Kindern, Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin arrangieren, sondern auch mit der/dem Ex, der Verwandtschaft und Freunden, die Ihnen gegenüber vielleicht skeptisch sind.

Wann sollen wir als Patchworkfamilie zusammenziehen?

Sie sind verliebt und möchten zusammenziehen, aber was ist mit den Kindern? Je destruktiver das vorige Familienleben war, desto schwerer haben es die Bonuskinder. Juul rät, nach der Scheidung mindestens zwei Jahre zu warten, ehe man zusammenzieht. Null- bis dreijährige Kinder haben weniger Probleme, mit der neuen Lage zurechtzukommen, vier- bis 13jährige haben es am schwersten.

Darf ich mich in die Erziehung der Kinder meines Partners einmischen?

Beide Autoren stimmen überein, dass es Jahre dauert, bis Sie die Erziehung aktiv mitgestalten können, sonst bekommen Sie evtl. „Du hast mir gar nichts zu sagen!“ zu hören. Sie haben die Grenzen überschritten und sollten diesen Satz zunächst hinnehmen und versuchen, ihn zu entschärfen. Trotzdem dürfen Sie Ihre eigenen Grenzen deutlich machen und einen fairen Umgang fordern. Vermeiden Sie Grundsatzdiskussionen mit dem leiblichen Elternteil über Kindererziehung. Führen Sie konstruktive Gespräche darüber, was Sie auf dem Herzen haben, denn die Vermeidung eines Konflikts hält ihn nur lebendig. Besser ist es, sich als erwachsener Freund der Kinder, nicht als Erzieher einzubringen. Bliersbach fügt hinzu, dass das Aushandeln der Erziehungsprinzipien Sache der Eltern ist. Wenn es nicht gelingt, können Sie sich einbringen.

Sollen die Kinder entscheiden, bei welchem Elternteil sie sein möchten?

Fragen wir Bliersbach – er sagt klar „nein“, denn die Kinder können nicht entscheiden, in welchem Rhythmus sie bei welchem Elternteil sein möchten. Sie spüren, dass sie dadurch einen Elternteil bevorzugen und den anderen kränken. Besser ist es, die leiblichen Eltern besprechen die Situation mit den Kindern und finden deren Wünsche heraus. Sie als Bonuselternteil können Ihre Meinung äußern, aber müssen die Lösungsfindung der ursprünglichen Familie überlassen und Ihren Rhythmus darauf abstimmen.

Ich bin eifersüchtig auf die Kinder meines Partners

Die Kinder sind die Nummer eins und darauf müssen Sie sich einstellen. Sie haben einen gesonderten Stellenwert, aber die Elternliebe unterscheidet sich fundamental von der erotischen Liebe zwischen Erwachsenen. Es gibt keinen Grund zu Konkurrenzdenken. Wenn Sie zu fordernd sind, werden Sie schnell disqualifiziert. Sagen Sie Ihrem Partner in einem ruhigen Moment, dass Sie sich nicht genug geachtet fühlen, so Juul.

Umgang mit dem/der Ex des Partners

Der leibliche Elternteil ist durch die Kinder anwesend. Sie repräsentieren ihn in ihrem Aussehen, ihren Gesten, ihren Überzeugungen, so Bliersbach. Auch wenn Sie sich nie zu Gesicht bekommen, haben Sie eine Beziehung zueinander. Juul schlägt vor, so früh wie möglich Kontakt zu ihm/ihr aufzunehmen. In einem persönlichen Treffen können Sie sich ein Bild voneinander machen und es öffnet sich ein (formeller) Kommunikationskanal. Der/die Ex wird zu einem einflussreichen Teil Ihres Lebens. Es gibt geschiedene Eltern, die befreundet sind. Das hat nur selten positive Seiten, sondern gibt dem Bonuselternteil unweigerlich das Gefühl, das dritte Rad am Wagen zu sein.

Streit: Zu wem soll ich halten?

Niemand sollte in die Lage gebracht werden, sich entscheiden zu müssen. Wer sich auf eine Seite schlägt, vergrault die andere. Alle haben ein schwieriges Beziehungsmanagement zu leisten: den Kindern gegenüber loyal sein, die Partnerschaft vertiefen, die Rolle des Bonuselternteils festigen, aber gleichzeitig den abwesenden Elternteil in seiner Bedeutung erhalten. Das birgt Konfliktpotenzial. Ich schließe mich Bliersbach an, wenn er sagt, die Kunst der Familiengestaltung liegt darin, balancierte Beziehungen zu mehreren Menschen gleichzeitig gestalten und aufrechterhalten zu können. Sie sollten sich weniger als Entscheider, sondern als Vermittler betrachten. Das sichert Ihnen zumindest die Anerkennung durch den Partner bzw. die Partnerin.

Quelle: Bliersbach, Gerhard (2010): Leben in Patchwork-Familien. Psychosozial-Verlag, Gießen
Juul, Jesper (2010): Aus Stiefeltern werden Bonuseltern. Kösel-Verlag, München

Foto: © drubig-photo – Fotolia.com

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