Mehr Leidenschaft durch Veränderung
von Dr. phil. Sonja Deml | 6. März 2014
Sexuelles Verlangen und Leidenschaft können mit zunehmender Intimität und Vertrautheit abnehmen. Das Rezept für mehr Leidenschaft heißt Veränderung...
Die zwei Basiszutaten der Liebe sind Intimität und Leidenschaft, welche jedes Paar in unterschiedlichen Mengenverhältnissen mischt. Leidenschaft ist tendenziell etwas Vorübergehendes, denn sie wird im Laufe einer Partnerschaft weniger. Die Intimität hingegen steigt. Leidenschaft kann aus einer Veränderung der Intimität entstehen, sagt der Psychologe Roy F. Baumeister. Lassen wir uns von ihm die Sache genauer erklären…
Leidenschaft und Intimität verändern sich
Beim Kennenlernen fühlen wir zunächst relativ wenig Intimität und Leidenschaft, doch die Anfänge eines Verbundenheitsgefühls lassen zuerst die Intimität steigen und dadurch entwickelt sich auch Leidenschaft. Wenn sich die Liebesbeziehung gefestigt hat, kann die Intimität sehr groß sein – das Paar kennt sich und weiß um die Probleme des anderen. Das ist der Punkt, an dem die Leidenschaft sinkt und bei Konflikten und Streitigkeiten sinkt auch die Intimität. Streit wiederum ruft eine andere Leidenschaft hervor, nämlich Zorn und Feindseligkeit. Diese Leidenschaft kann paradoxerweise auch das sexuelle Verlangen steigern.
Leidenschaftlicher Versöhnungssex
Viele Paare erleben den besten Sex nach einem Streit. Das kann daran liegen, dass bei einem Zerwürfnis die Intimität schnell absinkt. Ist der Streit vorbei, dann steigt sie schnell wieder an und diese Kurve lässt offenbar die Leidenschaft wieder neu aufflammen. Das Paar versichert sich seiner positiven Gefühle und kommt sich wieder näher, auch sexuell.
Leidenschaft bei extrovertierten und introvertierten Menschen
Extrovertierte Menschen erleben einen scharfen Anstieg der Intimität und der Leidenschaft nahezu gleichzeitig. Extrovertierte haben früher Sex als Introvertierte. Da die Leidenschaft schnell steigt, flacht die Intimität schnell wieder ab. Die Leidenschaft verfliegt bei Extrovertierten ebenso schnell. Introvertierte hingegen lassen Beziehungen langsamer angehen, denn sie öffnen sich anderen Menschen nicht so schnell. Anfangs empfinden introvertierte Menschen weniger Leidenschaft. Allerdings können sie die Leidenschaft womöglich über längere Zeit aufrechterhalten. Wenn die Leidenschaft abnimmt und die Intimität ein hohes Niveau erreicht hat, wirken neue Partner verlockender. Ihnen wird nämlich mehr Spielraum für Intimität und Leidenschaft attestiert. In dieser Zeit können Blitzromanzen reizvoll erscheinen und Extrovertierte sind dafür anfälliger als Introvertierte – sie haben mehr Liebesaffären und Sexualpartner als introvertierte Menschen. Erreicht die neue Partnerschaft ein hohes Niveau an Intimität, flacht die Leidenschaft ab und Extrovertierte erkennen nicht selten, dass es mit dem verlassenen Partner vielleicht schöner war. Extrovertierte Menschen verwechseln den Mangel an Leidenschaft mit dem Mangel an Liebe.
Männer verlieben sich schneller
Roy F. Baumeister weist außerdem auf geschlechtsspezifische Unterschiede hin, denn es gibt Befunde, die zeigen, dass der gleiche Anstieg an Intimität bei Frauen weniger Leidenschaft verursacht als bei Männern. Deshalb verlieben sich Männer offenbar schneller als Frauen und das möglicherweise auch in eine andere Partnerin. Männer sind wohl früher bereit, die Verbindlichkeit einer Beziehung zu steigern, denn sie erklären schneller ihre Liebe und lassen sich schneller auf Sex ein. Doch man darf diese Studienergebnisse nicht zu sehr verallgemeinern, denn es gibt große individuelle Unterschiede.
Damit sexuelles Verlangen und Leidenschaft in einer langjährigen Partnerschaft nicht auf der Strecke bleiben, sollten Paare für die nötige Veränderung sorgen, indem sie z.B. regelmäßig aus dem Alltag ausbrechen und versuchen, füreinander attraktiv und interessant zu bleiben.
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Quelle: Baumeister, Roy F. (2013): Veränderung bringt Leidenschaft. In: Bormans, Leo: Liebe. The World Book of Love. Dumont Verlag, Köln
Foto: © Ivan Grlic – Fotolia.com
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