Was ist Liebe?
von Dr. phil. Sonja Deml | 29. Juni 2012
Was ist Liebe? Die Liebe ist ein schönes, aber unsicheres Gefühl, das mit hohen Erwartungen an die Partnerschaft verbunden ist und sich nur schwer erklären lässt.
Kennen Sie den Comic „Liebe ist…?“ Ich finde, in ihm steckt viel Wahres, denn die Liebe lässt sich oftmals nicht im Ganzen fassen, sondern an Details festmachen. Wir sind mit einem Menschen zusammen weil wir ihn lieben. Dabei haben viele ein ganz unterschiedliches Verständnis von Liebe und auch die Wissenschaft definiert dieses Wort in vielfältiger Weise.
Liebe früher und heute
Bis zum letzten Drittel des 20. Jahrhunderts heiratete man aus ökonomischen Gründen und noch bis ins 18. Jahrhundert galt eine Liebesheirat als Skandal. Die romantische Liebe fand heimlich statt, wurde in Romanen und in Theaterstücken thematisiert. Mit der Liberalisierung kam der Liebe eine neue Bedeutung zu. Heute werden Partnerschaften aus Liebe geschlossen und es ist verpönt, aus unemotionalen Gründen zu heiraten oder eine Partnerschaft zu führen. Verbindungen zwischen Gold Diggers und Sugar Daddys beispielsweise werden als qualitativ minderwertige Beziehung betrachtet. Liebe soll die Basis einer Zweierbeziehung sein. Und es wird gesellschaftlich scharf beäugt, wenn bei zweien die Liebe schwindet. Da raten die Freundin oder der Therapeut zur Trennung. Kaum jemand könnte es verstehen, wenn das Paar auch ohne Liebe, sondern der Kinder, des Hauses, des Ansehens wegen oder weil sie sich einfach freundschaftlich verbunden fühlen, zusammen bleiben.
Liebe ist ein Gefühl
Die Liebe ist ein Gefühl, aber kein sicheres. Man kann sie nicht erzwingen, sondern sie stellt sich einfach ein. Genauso wenig lässt sich Liebe verbieten. Viel zu oft verlässt sie uns oder unseren Partner wieder und dann steht die Partnerschaft vor dem Aus. Um die Liebe zu kräftigen heiraten viele Paare. Sie möchten diesem Gefühl der Liebe einen besonderen Rahmen geben. Liebende sind in der Lage, bestimmte Gefühle auszudrücken, die nur zwischen diesen Menschen gebildet werden. Liebe ist gegenseitiger Respekt, Wertschätzung des anderen mit seinen Stärken und Schwächen und Liebe gedeiht am besten in einer für die Partner empfundenen harmonischen Exklusivität der Zweierbeziehung. Übrigens ist keine Liebe wie die andere, sondern jede ist individuell.
Liebe ist kein Gefühl
Hirnforscher hingegen sagen, dass die Liebe kein Gefühl, sondern ein Euphoriezustand ist, der sogar dem des Drogenrausches ähnelt. Die romantische Liebe gleicht körperinternen suchterzeugenden Mechanismen. Deswegen fühlen sich gerade frisch Verliebte auch körperlich abhängig. Sie können nichts essen, nicht schlafen, nur an den anderen denken und sehen ihn in einem verzerrten, idealisierten Bild. Ist es gut, eine Partnerschaft auf dieser Basis zu führen? Nein, und dieser Zustand legt sich wieder. Schon nach ein paar Monaten schlägt das Herz beim Zusammentreffen nicht mehr bis zum Hals. Stellt sich aber keine Routine ein und das Paar sieht sich beispielsweise längere Zeit nicht, dann kann man das Herzklopfen über einen größeren Zeitraum hinweg aufrechterhalten. Der „Trip“ dauert auch länger, wenn die Liebenden tragische Hindernisse nehmen müssen oder sich nur heimlich treffen können.
Seit die Liebe eine andere Bedeutung bekam, sind die Ansprüche an die Partnerschaft stark gestiegen. Alles dreht sich um die Liebe. Oftmals lassen sich die Ansprüche, welche die Liebe stellt und die wir an die Liebe stellen, in der Realität gar nicht befriedigen. Die Partnerschaft besteht dann nur noch aus Liebesarbeit. Vielleicht wird die Liebe überbewertet. Was denken Sie? Wie freuen uns auf Ihre Kommentare.
Zum Weiterlesen: Deml, Sonja (2012): Singles in der Moderne. Ursachen und vermeintliche Ursachen des Single-Phänomens. AV Akademikerverlag, Saarbrücken
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