Kinderwunsch und Familiengründung in Deutschland
von Dr. phil. Sonja Deml | 5. Dezember 2016
Die Deutschen wünschen sich Kinder, doch die Familiengründung findet immer später statt. Es gibt eine große Lücke zwischen Wunsch und Wirkichkeit.
Ist die Familie ein Auslaufmodell in Deutschland? Diese Frage wird seit Jahrzehnten von Politikern, Soziologen, Pädagogen etc. immer wieder heiß diskutiert. In den letzten Jahren sind die Geburtenraten in Deutschland zwar gestiegen, jedoch haben wir den Zuwachs zum Großteil Müttern mit ausländischer Staatsangehörigkeit zu verdanken. Diese bekommen im Vergleich zu deutschen Müttern auch überschnittlich viele Kinder. Dabei wünschen sich auch junge Deutsche Nachwuchs, allerdings wird der Kinderwunsch verhältnismäßig spät oder gar nicht (mehr) realisiert, wie das Forsa-Institut in einer repräsentativen Studie für die Zeitschrift „Eltern“ herausfand.
Die Deutschen haben einen großen Kinderwunsch
Für 87% der befragten 18- bis 30-jährigen Deutschen gehören Kinder zu einem erfüllten Leben einfach dazu. Eigene Kinder werden als sehr wichtiger Aspekt im Leben betrachtet und sind sogar wichtiger als die individuelle Selbstverwirklichung, Wohlstand oder Karriere. Der Kinderwunsch besteht übrigens schon in sehr jungen Jahren wie die Shell-Jugendstudie immer wieder herausfindet: 64% der 12- bis 25-Jährigen wünschen sich eine eigene Familie.
Deutsche werden immer später zum ersten Mal Eltern
Ein Drittel der befragten 18- bis 22-Jährigen wünscht sich laut der Forsa-Studie mit spätestens 27 Jahren das erste Kind. Wie groß Wunsch und Wirklichkeit dabei auseinanderklaffen, zeigen die tatsächlichen Zahlen, denn in der Altersgruppe ab 27 Jahren hat erst jeder Fünfte ein eigenes Kind! Das Alter der Erstgebärenden steigt genauso wie das Alter der Männer, die zum ersten Mal Vater werden. Die Deutschen werden immer später Eltern und späte Eltern erfahren immer größere gesellschaftliche Akzeptanz. 37% der Befragten sind der Meinung, dass es in 20 Jahren nicht ungewöhnlich ist, wenn eine 50-Jährige erstmals Mutter wird. Die Reproduktionsmedizin kann ja schließlich nachhelfen…
Kinderwunsch und Reproduktionsmedizin
Dass die Familiengründung nicht mehr im heimischen kuscheligen Schlafzimmer in einer romantischen Nacht zu zweit, sondern assistiert im Labor – gegen ein entsprechendes Entgelt – stattfindet, halten die jungen Leute für modern. Die Befragten stehen der Reproduktionsmedizin und ihren Methoden wie Sozial Freezing, Leihmutterschaft, Eizellen- bzw. Samenspende oder künstlicher Befruchtung tendenziell eher offen gegenüber.
Junge Erwachsene wünschen sich die klassische Kernfamilie
So aufgeschlossen die jungen Erwachsenen der modernen Reproduktionsmedizin gegenüber auch sind, so konservativ stellen sie sich ihre eigene kleine Familie vor: 67% der Befragten sehnen sich nach der klassischen Kernfamilie mit Vater, Mutter und Kind bzw. Kindern unter einem Dach. Jeder Fünfte würde sogar gerne so wie früher als Großfamilie mit mehreren Generationen zusammenleben. Aber auch hier klaffen Wunsch und Wirklichkeit auseinander und die Wunschvorstellungen entsprechen nicht unbedingt der Entwicklung der Lebensform Familie. Zwar ist die typische Kernfamilie dem Statistischen Bundesamt nach immer noch die verbreitetste Familienform, dennoch ist es genauso Alltag, in Deutschland alleinerziehend zu sein oder eine Patchworkfamilie zu haben. Diese Familienmodelle kommen in den Wunschgedanken der jungen Leute allerdings nicht vor. Das zeigt wieder einmal sehr deutlich, wie wenig selbstgewählt diese Lebensformen sind und wie sehr sie vielmehr ein Ergebnis geplatzter Träume sind.
Foto: Boggy – Fotolia.com
Kommentar verfassen