Die Quarterlife-Crisis
von Dr. phil. Sonja Deml | 19. Juli 2021
Immer mehr junge Menschen befinden sich in einer Sinnkrise. Was sind die Auslöser und wie können Betroffene die Quarterlife-Crisis überwinden?
Menschen, die ihre Ausbildung gerade beendet haben, können nun voll durchstarten. Ihnen bieten sich vielfältige Chancen und die Welt steht ihnen offen. Diese Generation hat zwar auf den ersten Blick mehr Möglichkeiten der Lebensgestaltung als ihre Eltern und Großeltern, doch zum einen werden die jungen Menschen durch Corona ihrer Möglichkeiten beraubt und zum anderen kann diese Wahlfreiheit auch überfordern. Zudem entstehen Druck und Unsicherheit, wenn man das Gefühl hat, nicht das Beste aus seinem Leben zu machen. Das führt immer häufiger in eine Sinnkrise, die Quarterlife-Crisis genannt wird.
Definition Quarterlife-Crisis
Mit Quarterlife-Crisis wird die Sinnkrise von Menschen zwischen 21 und 29 Jahren bezeichnet. Doch der Altersrahmen kann auch um ein paar Jahre differieren. Diese jungen Menschen haben gerade einen wichtigen Lebensabschnitt beendet, indem sie ihre berufliche Ausbildung oder ein Studium absolviert haben und sich nun in einer wichtigen Umbruchphase befinden. Das erste Viertel ihres Lebens haben sie bereits hinter sich und sie müssen nun entscheiden, wohin ihr Weg gehen soll. Dabei beschäftigen sie sich nicht nur mit beruflichen Entscheidungen, sondern auch mit privaten hinsichtlich Partnerschaft und Familienplanung. Es geht ständig um das Thema, das Bestmögliche aus dem Leben machen zu müssen. Schließlich müssen alle Entscheidungen gut durchdacht sein und die Angst, dabei Fehler zu machen, ist groß. Dieser Druck kann zu einer starken Krise führen.
Symptome der Quarterlife-Crisis
Die Krise kann unterschiedlich ausgeprägt sein, doch die Symptome sind ähnlich. Es geht immer wieder um Unsicherheit und Orientierungslosigkeit. Die Betroffenen fühlen sich überfordert, frustriert und unzufrieden. Sie haben das Gefühl, defizitär zu sein und nicht genügend zu leisten. Deshalb stellen sie ihre eigene Identität, ihre Wünsche und Vorstellungen, aber auch ihre berufliche Situation und ihre Ausbildung in Frage. Schon jetzt stellen sie Fehler fest und wünschen sich nicht selten, nochmal neu anfangen zu können. Einige machen sogar noch eine andere Ausbildung oder hängen ein weiteres Studium an, womit sie sich bessere Chancen und mehr Zufriedenheit versprechen. Doch all das nagt am Selbstwertgefühl, macht depressiv und einsam. Zudem möchten diese jungen Menschen auch eine Partnerschaft führen, doch oft haben sie wenig Zeit dafür oder sind zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt. Außerdem müssen sie auch hier wieder Entscheidungen treffen: Mit dem Partner zusammenziehen oder nicht, heiraten oder nicht, zusammenbleiben trotz beruflicher Trennung oder auseinandergehen in der Hoffnung, einen passendereren Partner zu finden. Wann ist überhaupt der richtige Zeitpunkt für die Familienplanung? Oder soll man auf Kinder lieber verzichten?
Wege aus der Quarterlife-Crisis
Je nachdem, wie stark die Symptome sind und wie sehr die Betroffenen darunter leiden, gibt es unterschiedliche Wege aus der Krise. Zu wissen, dass die Quarterlife-Crisis eine solche ist, hilft bereits, seine eigene Situation besser zu verstehen und kann die Lage entschärfen. Betroffene können sich selbst helfen, indem sie den Grund für ihre Situation herausfinden und versuchen, daran zu arbeiten. Gespräche mit guten Freunden oder anderen Betroffenen sind ebenfalls sehr hilfreich. Es gibt inzwischen Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen, die mit dem Thema vertraut sind. Wenn der Leidensdruck sehr hoch ist, hilft eine Psychotherapie. Außerdem tut es gut, sich vor Augen zu führen, dass die Krise auch wieder vergeht.
Foto: Canva.com
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