Das Nestmodell: Wohnform für Trennungskinder

von | 3. Dezember 2013

Das Nestmodell ist eine alternative Wohnform für Trennungskinder. Den Kindern bleibt das ständige Umziehen zum anderen Elternteil erspart, die Betreuung...

Nestmodell fuer TrennungskinderBei einer Trennung mit Kind müssen sich die Eltern mit der Frage auseinandersetzen, wo das Kind bzw. die Kinder jetzt wohnen sollen. War es früher noch so, dass die Kinder quasi automatisch mit der Mutter zusammenlebten, so haben jetzt immer mehr Väter den berechtigten Wunsch, ihre Kinder bei sich zu haben. Es gibt viele Möglichkeiten, wie getrennte Eltern dennoch gute Eltern sein können und eine Möglichkeit ist, die beste Wohnform für das Kind zu finden.

Trennung mit Kind: Residenzmodell, Wechselmodell, Nestmodell

Für einige Kinder ist das Residenzmodel am schönsten, da sie immer bei einem Elternteil bleiben können und dafür den anderen Elternteil besuchen dürfen. Manchen Kindern tut das Wechselmodell gut, denn beide Elternteile kümmern sich gleichermaßen um das Kind. Das Kind wohnt je nach Vereinbarung etwa die Hälfte der Zeit bei seiner Mutter und die andere Zeit bei seinem Vater. Andere Kinder fühlen sich beim Nestmodell am wohlsten. Die Kinder dürfen dann weiterhin in der ehemaligen Familienwohnung leben und die Eltern pendeln abwechselnd zum Kind, um sich bei der Betreuung abzuwechseln. In vielen anderen Ländern hat sich dieses Modell bereits stärker durchgesetzt als in Deutschland.

Nestmodell: Vorteile und Nachteile

Ein klarer Vorteil ist, dass das Kind hier wohl am ehesten das Gefühl hat, zuhause zu sein. Es muss sich nach der Trennung auf keine neue Wohn- und Lebensumgebung einstellen. Das Kind kann schließlich nichts für die Trennung seiner Eltern und diese müssen nun die (räumlichen) Konsequenzen ihrer Entscheidung selbst tragen. Für die Eltern fällt der Umzugsstress mit Kind weg und sie müssen weder einen neuen Kindergartenplatz noch eine neue Schule suchen und das Kind kann seine alten Freunde als emotionale Stütze behalten. Beim Nestmodell müssen sich beide Elternteile neue Wohnungen suchen. Das kann teuer und auch unbequem sein. Wenn sich die Eltern jeweils mit einem Apartment zufrieden geben, dann halten sich die Kosten in Grenzen. Im Endeffekt führen die Eltern getrennte Haushalte und noch einen gemeinsamen Haushalt, bei dem sie sich beispielsweise die Hausarbeit teilen müssen.

Nestmodell: Tipps für Eltern

Am wichtigsten ist nach einer Trennung, dass die Eltern feste Abläufe für sich und die Kinder finden, an denen sich alle orientieren können. Familien, die sich für das Nestmodell entschieden haben, müssen klare Absprachen treffen und darauf achten, dass die Alltagskommunikation gut funktioniert. (Haushalts-)Pläne und festgeschriebene Regeln können dabei helfen. Getrennte Eltern müssen die Paar- von der Elternebene trennen. Eine Familientherapie oder auch eine Trennungsberatung können ihnen dabei helfen. Am besten funktioniert das Nestmodell – wie auch alle anderen Modelle – wenn die Eltern über die Trennung hinweg sind und sich als gleichberechtigte Elternteile begreifen. Beim Nestmodell gibt es kein „Machtgefälle“ und weniger Konfliktstoff zwischen einem sich primär und einem sich defizitär fühlenden Elternteil wie beispielsweise beim Residenzmodell. Eltern sollten ggf. mit ihrem Arbeitgeber über das Nestmodell sprechen, wenn sie dadurch mehr Flexibilität brauchen.

Überlegen Sie genau, welches Modell für Ihr Kind und Sie das Beste ist. Das Nestmodell kann auch eine vorübergehende Lösung sein bis sich eine andere Wohnform als geeigneter herausstellt.

Foto: © WavebreakMediaMicro – Fotolia.com

Jetzt deinen Partner mit Familiensinn finden!

Schreibe einen Kommentar zu Sabine Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Notwendige Felder sind mit * markiert.

  1. Daniel schrieb:

    Ich fand das Nestmodell super – naja, im Prinzip…
    Ich hatte für „ihre Zeit“ eine Einliegerwohnung in unserem Haus. Das lief solange gut, bis ich mal meine Ex mit ihrem neuen in flagranti in der Küche erwischte – es war unvermeidlich da vorbeizugehen.Da war klar: das geht nicht. Dummerweise ist das „mein Haus“ – also ich kaufe meiner Frau die Hälfte ab. Und nun schlafe ich alle zwei Wochen für 2 Wochen zwischen Lagerregalen in meiner Firma. Ich habe meine Ex seit 6 Monaten nicht gesehen. Die Wechsel verlaufen „kontaktlos“.
    Das ist insgesamt also ziemlicher Mist. Für eine weitere Wohnung fehlt mir die Kohle und wenn die Kinder auf die Idee kämen zu meiner Ex zu ziehen, würde mir das finanziell um die Ohren fliegen.
    So weit meine Erfahrungen mit dem Nestmodell – und mit noch offenem Ausgang.

  2. Joa schrieb:

    Wirtschaftlichkeitsaspekte
    Rein wirtschaftlich wird gegen das Nestmodell argumentiert, damit bräuchte man drei Wohnungen statt sonst zwei. Das geht jedoch oft an den Tatsachen vorbei:

    Bei nur drei Beteiligten (zwei Ex-Partner mit einem Kind) mag das noch zutreffen:
    Die Alternative lautet dann: Zwei Wohnungen für je zwei Personen (Wechselmodell) oder im Nestmodell eine Wohnung für zwei Personen (Kind und jeweils Betreuender) plus zwei Wohnungen für jeden Ex-Partner für die Nicht-Betreuungszeit. In beiden Fällen gibt es also insgesamt vier Betten, aber im Wechselmodell zwei Kühlschränke, im Nestmodell drei Kühlschränke. DIe Betten stehen jetzt als Synonym für das persönliche Umfeld, den eigenen Raum jedes Beteiligten, einen Teil der Bekleidung, der jeweils am falschen Ort ist. Die Kühlschräke stehen für die Fixkosten einer Wohnung, einschließlich einer Küche je Wohnung. Im Wechselmodell muss “nur” das Kind pendeln, im Nestmodell müssen zwei Erwachsene pendeln.

    Bei fünf Beteiligten (zwei Ex-Partner mit drei Kindern) der Altfamilie kommen die wirtschaflichen Vorteile des Nestes schon mehr zum Tragen:
    Im Wechselmodell muss jede Wohnung für vier Personen reichen (nämlich den Erwachsenen und die drei zeitweilig anwesenden Kinder), in Nestmodell dagegen nur die “Kinderwohnung”. Es steht also beim Aufwand acht Betten im Wechselmodell zu sechs Betten zu Gunsten des Nestes. Zum Nest pendeln zwei Erwachsene, statt dass drei (“unschuldiger”) Kinder zwischen Erwachsenen pendeln.
    Und auch die (beiden) Küchen und Kühlschränke für vier Personen müssen größer sein. Und selbst wenn der Kühlschrank zum Zeitpunkt des Wechsels “leergefuttert” sein sollte, waren daran sicherlich vor allem die Kinder beteiligt, weniger der Ex-Partner. Natürlich müssen sich die Verantwortlichkeiten für den diversen Bedarf der Kinder insgesamt halbwegs die Waage halten.

    Im nächsten Beispiel sind es sieben Beteiligte, weil beiden Elternteilen der drei Kinder ein neuer Partner vergönnt sei. Wenn die neuen Paare zusammleben wollen, braucht es im Wechselmodell zwei Wohnungen für fünf Personen, nämlich das jeweilige neue Paar und die drei Kinder. Zusammen zehn Bettplätze 😉 Im Nestmodell sind es vier Betten in der “Kinderwohnung” und zwei mal zwei Bettplätze in den Paarwohnungen, zusammen also acht. Wiederum eine Einsparung von zwei Bettplätzen im Nestmodell.

    Etwas mehr Abstand tut gut in der neuen Partnerschaft? Der neue Partner soll oder will nicht Ersatz-Papi oder -Mutti werden? Er/sie will die ideale Single-Wohnung nicht verlassen, um einen Teil der Zeit mit einem Haufen fremder Blagen zu verbingen? Dann müssen im Wechselmodell vier Wohnungen her: Eine für jede Erwachsenen, und die beiden Wohnungen der getrennten Eltern brauchen zusätzlich Platz für drei Kinder (das gilt auch für reine Besuchs-/Umgangsregelungen mit kürzeren Besuchszeiten der Kinder!). Zusammen sind wir es wiederum zehn Betten (den Platzbedarf für gelegentliche Besuche beim alleinlebenden Partner nicht mitgerechnet), nun aber schon vier Wohnungen. Die drei Kinder gehen auf Wanderschaft, aber ein Teil der neuen Paare ebenfalls.

    Nun, im Nestmodell käme man bei entsprechenden Modell auf fünf Wohnungen und acht “reguläre” Betten. Aber halt: Braucht es noch die getrennten “Elternwohnungen”, wenn doch die halbe Freizeit in der Kinderwohnung verbracht wird, und ein Teil der übrigen Freizeit beim oder mit der neuen Partnerin (und in den Urlaub will man ja auch mal fahren)?

    Sind zwei neue Partner mit “mäßigem” Distanzwunsch im Spiel, lauten die Alternativen also eher:
    a) Nestmodell mit drei Wohnungen, die beiden Eltern pendeln zwischen der Kinderwohnung und dem neuen Partner.
    Im Beispiel mit drei Kindern heißt dies: Fünf von sieben Beteilgten pendeln normalerweise nicht.
    b) Wechsel- oder Besuchsmodell mit vier Wohnungen, die Kinder pendeln und die Erwachsenen pendeln auch.
    Oft ist bei solchen Paaren immer derselbe “auf Besuch” beim anderen. Dann pendeln also alle bis auf zwei Beteiligte.

    Das Nestmodell ist also in vielen Fällen die deutlich kostensparende Variante !
    Wenn die Möglichkeiten zu Ausgaben begrenzt sind, ermöglicht es eine bessere Wohnqualität (z.B. drei Wohnungen mit größeren Zimmern in einer guten Lage gegenüber vier Wohnungen mit kleineren Kinderzimmern in einer schlechteren Lage).

    All dies gilt bei hälftiger Betreuungszeit genauso wie bei unterschiedlichen Gewichten.

  3. Sabine schrieb:

    Wechselmodellkinder verraten oft ihren Lehrern wie heimatlos sie sich mit dem Wechselmodell fühlen. Oft fehlt der Mut dies ihren Eltern zu sagen.
    Das Leben der heutigen Kinder ist bereits von viel Unruhe/Unrast geprägt. Das Wechselmodell bedeutet zusätzliche Unruhe/Unrast.
    Das Wechselmodell ist Ausdruck der großen Wertschätzung für die tollen modernen sowie beeindruckend engagierten Väter. Das Kindeswohl stand bei der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, dass das Wechselmodell quasi Standard werden soll, jedoch nicht im Fokus.
    Ich rate meinen Mandanten grds. nicht mehr zum Wechselmodell.

  4. arktissommer schrieb:

    Neuer Partner und Nestmodell

    Voraussetzung für den Erfolg jedes der Modelle ist, daß sich die Elternteile damit nicht überfordern – ein theoretisch perfektes Modell nützt nichts, wenn es zu ständigen Konflikten aufgrund von Frustration eines oder beider Elternteile führt.
    Schon das Wechselmodell setzt voraus, daß beide Elternteile relativ nah bei einander wohnen, da sonst ein Besuch desselben Kindergartens und derselben Schule unmöglich wird. Entsprechend bedeutet dies geographische Einschränkungen beider Elternteile hinsichtlich Arbeitsplatzwahl und künftigem Partner.
    Beim Nestmodell ist dies noch gravierender: hier sind nicht nur beide Elternteile geographisch aneinander gebunden, sondern benötigen zusätzlich auch neue Partner, die den Nomadismus zwischen Kindernest der vergangenen Beziehung und neuem gemeinsamem Heim zumindest akzeptieren oder gar selbst mitmachen (was mit evtl. ebenfalls vorhandenen Kindern des neuen Partner oder gemeinsamen Kindern mit dem neuen Partner noch komplexer wird).
    Unter dem Gesichtspunkt “neuer Partner” kann das Nestmodell im Einzelfall sicherlich auch funktionieren, birgt aber auch ein hohes Konflikt- und Frustrationspotential auf Seiten der Erwachsenen, das dann wiederum auf die Nestkinder durchschlagen kann. Hier kommt es mit Sicherheit sehr auf den Einzelfall mit seinen jeweiligen Konstellationen und die Fähigkeiten der Beteiligten an – neben den im Artikel erwähnten rein materiellen Aspekten von mindestens 3 zu führenden Haushalten.

    • H. Krause schrieb:

      Weit wegziehen voneinander verbietet sich allein schon deswegen, da die Kinder beide Eltern zum gesunden Aufwachsen unbedingt brauchen. Je gleicher die Zeitanteile der Betreuung sind desto besser. Neue Partner sind nachrangig, die Kinder gehen vor. Wenn ein neuer Partner mit der Situation nicht klar kommt ist er eben sofort ein Ex-Partner und fertig. Die Kinder gehen immer vor.

    • Joa schrieb:

      Unter dem Gesichtspunkt “neuer Partner” vermindert das Nestmodell Konfkikte zwischen den Kindern und dem neuen Partner*, die beim Residenz- oder Wechselmodell auftreten, wenn der neue Partner* in der entsprechenden Zeit mit den Kindern zusammenleben würde.

      Bei zusätzlichen Kindern mit dem neuen Partner besteht wohl oft der Wunsch, die Halbgeschwister zusammenzubringen, das spricht dann gegen das Nestmodell, bei Stiefgeschwistern können beide Aspekte eine Rolle spielen. Zudem kann die Betreuung der “anderen” Kinder problematisch werden, wenn man die halbe Zeit im “Nest” ist, das kann aber z.B. dann kein Problem sein, wenn diese aus anderen Trennungsbeziehungen stammen.

      Aber neue Kinder sind ja nicht der Regelfall, wenn man schon mehrere hat. Bei einem einzigen Kind bietet sich das Nestmodell sowieso weniger an.

  5. SiljaNathe schrieb:

    Das Buch “Scheidung ist kein Leid” behandelt Scheidung positiv und gut – aus der Sicht der Kinder.

    Wir lieben unsere Eltern, sie tun alles für uns!!!!!

    Ein Scheidungskind-Erwachsene
    S.Nathe