Haben Singles mehr Sex?

von | 28. Oktober 2010

Singles wird nachgesagt, viel Sex zu haben, doch haben sie tatsächlich mehr Sex als glückliche Paare?

Noch im 19. Jahrhundert diente Sexualität der Fortpflanzung und war auf den innerehelichen Bereich begrenzt. Sie galt als undurchschaubare Macht. Das Bürgertum distanzierte sich von den Affären und dem Mätressenwesen der Adligen. Prüderie hielt Einzug in die Gesellschaft. Zwar hatte die Arbeiterschaft ein lockereres Verhältnis zur Sexualität, doch das bürgerliche Familienideal war auch für diese Schicht erstrebenswert.

Das änderte sich in den 1960er Jahren, dem Jahrzehnt der sexuellen Befreiung. Prüden, Verklemmten und der kirchlichen Sexualmoral wurde der Kampf angesagt, denn die gesellschaftlichen Normen waren nun andere. Homosexualität galt nicht mehr als Straftat, sondern als sexuelle Ausrichtung. Und durch die Anti-Baby-Pille und die Reformen des Schwangerschaftsabbruchs war ein freierer Umgang mit Sexualität – vor allem für die Frauen – möglich. Konservative warnten vor einem Sittenverfall und befürchteten, die Jugend würde zum verantwortungslosen Umgang mit ihrer Sexualität verleitet.

Durch die sexuelle Freiheit, die bislang den Männern vorbehalten war, konnten Frauen ihrer Emanzipation Ausdruck verleihen und diese neue Autonomie genießen. Zudem kamen sie den Erwartungen vieler Männer entgegen, sexuelle Beziehungen unabhängig von einem Beziehungsengagement einzugehen. Aber im Gegensatz zu Männern fällt es Frauen nicht so leicht, rein sexuelle Beziehungen aufrecht zu erhalten. Sobald der sexuelle Freiheitsdrang befriedigt ist, stellt sich Überdruss, Enttäuschung und manchmal auch Ekel ein. So konnte sich dieses liberale Modell nicht durchsetzen und Versuche wie beispielsweise die Berliner Kommune I scheiterten.

Durch die Entkoppelung von Partnerschaft und Sexualität ist es möglich, sexuelle Interessen in den Vordergrund zu stellen. Gleichzeitig herrschen aber traditionelle Vorstellungen über Liebe, Treue, Ehe und Familie und vielen fällt es nicht leicht, diese beiden Wünsche zu koordinieren. Sexualität kann ohne Liebe stattfinden, sie hat sich „selbständig gemacht“. In der Erlebnisgesellschaft wird Sexualität als Genusserlebnis und einer individuellen, gestaltbaren Ressource betrachtet. Nicht selten werden Ideale überzogen, Leistungsdruck stellt sich ein und die Erwartungen sind unerfüllbar, was zu Frustration führt.

Sexualität hat zwar eine andere Bedeutung, aber das Verlangen nach Vertrauen und Geborgenheit in Partnerschaften ist ungebrochen. Durch die Trennung von Sexualität und Liebe – ist diese umso mehr für den Gefühlshaushalt zuständig.

Was aber, wenn es keinen festen Beziehungs- und somit Sexpartner gibt? Sind Singles deswegen zu bemitleiden oder zu beneiden? Betrachtet man die Koitusfrequenz, haben Singles deutlich weniger Geschlechtsverkehr als Paare. Viele von ihnen leben abstinent. Nur wenige genießen ihr ausschweifendes Sexualleben mit wechselnden Partnern. Klingt so, als wären Singles „Lonely Losers“.

Dabei lassen sich jedoch geschlechtsspezifische Unterschiede ausmachen und obwohl Jungfräulichkeit nicht mehr als „Schatz“ einer Frau gilt, gibt es konservative Ansichten im Bett: Frauen und Männer bevorzugen Sex mit der Person, die sie lieben. Single-Frauen haben weniger Sexualkontakte und sind häufig in ihren Sexualpartner verliebt mit der Hoffnung auf eine feste Beziehung. Für Single-Männer kommt ihre Sexpartnerin als Lebenspartnerin eher nicht in Frage, da diese zu leichtfertig mit ihrem Körper umgeht, so die Ergebnisse wissenschaftlicher Literatur. Weibliche sexuelle Zurückhaltung ist noch immer „symbolisches Kapital“ wie es Pierre Bourdieu so schön ausdrückte. Im Alltag begegnet man allerdings „männervernaschenden Vamps“ genauso wie Singles, die befriedigende Sexualkontakte haben und Paaren, aus deren One-Night-Stand mehr wurde.

Es gibt den Mythos vom „Swinging Single“, der ständig sexuelle Erfüllung sucht und deswegen keine Paarbeziehung eingeht. Auch wenn das Ausleben der freien Sexualität einfacher wurde, lassen sich traditionelle Wertvorstellungen feststellen. Ein zügelloses Sexualverhalten schadet noch immer dem „guten Ruf“. Zwar mag es in einigen Milieus dem Mann Ehre verleihen, aber auf Frauen trifft dies nicht genauso zu.

Das Sexualleben fängt heute in jüngeren Jahren an, kann dank moderner Hilfsmittel bis ins hohe Alter andauern und die Zahl der Sexualpartner steigt. Jugendliche haben früher ihren ersten Geschlechtsverkehr.

Singles können „Swinging Singles“ und „Lonely Losers“ sein. Fast jeder hatte schon mal einen One-Night-Stand, aber als Fazit halten doch alle fest: Sex ist am schönsten, wenn man ineinander verliebt ist und nicht das Gefühl hat, es geht nur um „das eine“.

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