Das Brückenexperiment: Aufregung fördert die Anziehung
von Dr. phil. Sonja Deml | 27. Oktober 2011
Dass Verlieben durch Aufregung und Angst gefördert wird, beweist ein Brückenexperiment. Adrenalin in Extremsituationen macht andere Menschen anziehender für uns.
Wenn Mann und Frau etwas Aufregendes unternehmen, steigt die Chance, dass sie sich verlieben. Verschiedene Laborexperimente kommen zu dem Ergebnis, dass aufregende Erfahrungen die Anziehungskraft fördern können.
Das Experiment der quietschenden Brücke
1974 veröffentlichten die amerikanischen Psychologen Donald Dutton und Art Aron in der Zeitschrift „Journal of Personality and Social Psychology“ ein Experiment, das sie auf zwei Fußgängerbrücken über dem Capilano Canyon in North Vancouver durchgeführt hatten. Dutton und Aron wollten herausfinden, ob die Attraktivität einer Frau höher eingeschätzt wird, wenn sie ihr in einem Furcht erregenden Moment begegnen. Eine der Brücken war eine wacklige, 1,50m schmale Hängebrücke etwa 70m über Felsbrocken, die im Sturm schwankte. Die andere Brücke war breiter, stabiler und in geringerer Höhe über dem Fluss. Die Forscher ließen Männer über eine der beiden Brücken gehen, in deren Mitte jeweils eine hübsche junge Frau stand, die Teil des Forscherteams war. Die Schönheit füllte mit den Männern einen Fragebogen aus und gab ihnen ihre persönliche Telefonnummer, falls sie noch Fragen hätten.
Spontane Anziehung durch physische Gefahr
Viele Männer, welche die lange, instabile Hängebrücke überquerten, fühlten sich von der Interviewerin so angezogen, dass sie mit der attraktiven Frau telefonischen Kontakt herstellten. Von den Männern, welche die solide Brücke überquerten, rief sie kaum jemand an. Die Anwesenheit anderer Menschen kann uns in bedrohlichen Lebenssituationen Halt geben und unsere Angst reduzieren. Wir finden diese Menschen dadurch attraktiver. Spontane Anziehung hängt offensichtlich mit der physischen Auswirkung von Gefahr zusammen. Das bedeutet, dass gefährliche Situationen die Adrenalinproduktion anregen.
Adrenalin macht liebevoller
Da Adrenalin eng mit den „Liebeshormonen“ Dopamin und Noradrenalin verwandt ist, versetzten uns bedrohliche Situationen in einen emotional empfänglicheren Zustand. Zudem ist Gefahr heutzutage eher ungewöhnlich und dieses exotische Gefühl ist aufregend und gibt uns einen „Kick“. Wir fühlen uns in solchen Momenten leichter zu jemandem hingezogen, mit dem wir die Gefahr teilen. Denn der spontane Erregungstransfer führte beim Brückenexperiment dazu, dass die Männer auf dem Weg waren, die Frau zu idealisieren und sich in sie zu verlieben. Es passiert immer wieder, dass das Unfallopfer sich Hals über Kopf in den Retter verliebt, der eigentlich gar nicht ihr Typ ist, wiederum andere lernen sich im Warterbereich der Intensivstation kennen, als sie um das Leben ihrer Lieben bangten. Gemeinsame schlimmer Erlebnisse können Fremde zusammenführen.
Ungewohntes regt die Liebe an
Wenn wir unmittelbar nach einer aufregenden Situation oder auch nach starker körperlicher Anstrengung auf einen sexuell anziehenden Menschen treffen, so reagieren wir darauf emotional heftiger als wenn wir ihn in einer neutralen Situation getroffen hätten. Doch manchmal stellt sich auch Enttäuschung ein, wenn wir den anderen näher kennenlernen, denn ein weiteres Phänomen kann die Fehlattribution von Erregung sein. Das heißt, körperliche Erregung (z. B. durch Angst, Sport usw.) wird fälschlicherweise als Verliebtheit interpretiert
Aus dem Experiment von Dutton und Aron können wir lernen, dass berauschende gemeinsame Erfahrungen, die romantische Liebe anregen können. Verschiedenen Studien zufolge sind Paare, die gerne neue, spannende Erfahrungen sammeln, zufriedener mit sich selbst und mit ihrer Partnerschaft.
Vielleicht sollten wir diese Erkenntnisse für die Wahl des Ortes beim ersten Treffen nutzen…
Foto: Dieter Schütz / pixelio.de
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