Die Psyche gewalttätiger Menschen
von Dr. phil. Sonja Deml | 3. Oktober 2016
Gewalt findet auf verbaler, seelischer und körperlicher Ebene statt. Kinder und Erwachsene sind Opfer. Welche psychischen Merkmale haben die Täter?
Gewalt ist ein weit verbreitetes Phänomen. Sie kann sich gegen Kinder, gegen den eigenen Partner, gegen Fremde usw. richten. Aggressionen trägt jeder mal mit sich herum, doch das ist noch kein Grund, wirklich jemanden anzugreifen. Dazu gehört mehr.
Die Entstehung von Gewalt
Zunächst fühlen sich die Täter frustriert bzw. provoziert. Daraus entsteht Wut. Doch ob es auch zu aggressivem Verhalten kommt, hängt von der Situation, von der Persönlichkeit, von früheren Lernerfahrungen, von kulturellen Werten oder Einstellungen anderen Menschen gegenüber und auch von der psychischen Verfassung eines potenziellen Täters ab. Bei einigen sind die Hemmschwelle respektive die Selbstbeherrschung niedriger, bei anderen höher. Natürlich ist ein bestimmtes Maß an Aggression und Durchsetzungsvermögen sinnvoll um sich selbst zu schützen und um seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse durchzusetzen. Allerdings gibt es eine Grenze zwischen Selbstschutz und Angriffslust. Letzteres lässt aggressive Menschen schnell ausflippen und zu Straftätern werden.
Formen von Gewalt
Gewalt kann sich auf Gegenstände, Tiere, Menschen oder auch gegen sich selbst richten. Aggressive Menschen können in Situationen, in denen sie sich bedrängt oder überfordert fühlen, schnell jemanden verbal angreifen indem sie ihn z.B. beschimpfen, seelisch erniedrigen oder sogar körperlich aggressiv werden. Je wütender ein Täter ist und je konkreter eine bestimmte Person als Auslöser dieser Wut ausgemacht wird, desto heftiger können die Gewaltattacken ausfallen. Dabei werden eigene Gefühle wie Schuldbewusstsein oder Mitleid mit dem Opfer unterdrückt. Bei psychisch besonders angeschlagenen Menschen sind diese Gefühlsebenen ausgeschaltet.
Typen von gewalttätigen Menschen und deren Psyche
Der Hirnforscher Gerhard Roth hat drei Typen von gewalttätigen Straftätern eruiert. Ihm zufolge gibt es Täter, die in ihrer Psyche durch ihre eigene Sozialisation verankert haben, dass Gewalt eine Erfolgsstrategie ist. Für sie ist Gewalt quasi das Mittel zum Zweck. Der zweite Typ besteht aus Menschen, die sich sehr schnell abgelehnt oder bedroht fühlen und ihre Impulse darauf kaum oder gar nicht kontrollieren können. Der dritte Typ umfasst die Gruppe der sogenannten Psychopathen. Diese gehen besonders brutal vor und planen ihre Gewalttätigkeiten. Sie empfinden weder Reue noch Mitgefühl mit den Opfern.
Gewalt gegen Kinder
Gewalt gegen Kinder ist leider Alltag. Nicht nur dass Kinder verbale Gewalt in Form von Schimpfen oder Beleidigungen erdulden müssen – Kinder sind auch seelischer Gewalt wie Erniedrigungen, Erpressen oder Angst machen ausgesetzt. Außerdem erfahren viel zu viele Kinder körperliche Gewalt. Das beginnt schon bei ruppigem Anfassen, geht über den Klaps auf den Po bis hin zu massivem Schlagen. Außerdem leiden viele Kinder unter sexueller Gewalt. Jedes Jahr sterben in Deutschland Kinder an brutaler Gewalteinwirkung. In Krankenhäusern werden Kinder mit schweren Verletzungen behandelt und es gibt eine traurig hohe Dunkelziffer an Gewalttaten. Gewalt gegen Kinder ist genauso verboten wie Gewalt gegen Erwachsene! Und jeder, der sich gewalttätig gegenüber einem Kind verhält, gefährdet nicht nur das Kindeswohl, sondern er begeht auch eine Straftat.
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Bitte schaut nicht weg, wenn euch Gewalt gegen Kinder, Frauen, Männer usw. auffällt. Jeder sollte sich verpflichtet fühlen, die Gewalttat oder den Verdacht darauf zu dokumentieren bzw. entsprechenden Stellen wie Polizei, Jugendamt etc. zu melden. Stellt euch als Zeugen zur Verfügung, so können wir alle helfen, Gewalttaten einzudämmen und die armen Opfer zu schützen.
Buchtipp: “Nicht auf den Kopf!: Meine persönlichen Erfahrungen mit Gewalt in der Familie” von Bestsellerautor Markus Breitscheidel. Neben traumatischen Kindheitserinnerungen enthält das Buch viele Tipps für Angehörige sowie Adressen sämtlicher Beratungs- und Anlaufstellen in deutschen Städten.
Foto: sdecoret – Fotolia.com
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