Sind Singles bindungsunfähig?
von Dr. phil. Sonja Deml | 24. August 2012
Sind Singles bindungsunfähig oder sind Phasen des Singleseins als ein Kompliment an die ideale Partnerschaft zu verstehen? Der Trend zur seriellen Monogamie...
Singles wird von vielen unterstellt, sie hätten Bindungsangst, seien bindungsgestört oder gar beziehungsunfähig. Forscher und Singles sind gleichermaßen verunsichert und so manch ein Single fragt sich, ob das auf ihn vielleicht sogar zutrifft. Geht damit unsere Gesellschaft gar zugrunde, wenn es eine ganze Bevölkerungsgruppe gibt, die zu keiner Bindung mehr fähig ist?
Serielle Monogamie
Fest steht, dass die Anzahl der Partnerschaften in der Biographie steigt. Die heute 30-Jährigen lebten bereits in mehr Paarbeziehungen als die heute 70-Jährigen. Die Beziehungshäufigkeit ist über die Generationen hinweg gestiegen. Und da sich statistisch betrachtet die Partnerschaften aneinanderreihen (serielle Monogamie), müssen sie gleichzeitig von kürzerer Dauer sein. Je jünger ein Mensch also ist, desto mehr Partner wird er im Laufe seines Lebens haben? Das verspricht eine interessante Entwicklung zu sein und manche Forscher schließen daraus die Unfähigkeit, sich für einen längeren Zeitraum oder gar für immer an eine bestimmte Person zu binden.
Die ewige Liebe: Wunsch und Wirklichkeit liegen auseinander
Dabei wünschen sich die meisten Menschen die Liebe fürs Leben. Das Verhalten von Singles ist also keineswegs amoralisch. Bindungstreue liegt bei vielen Umfragen stets an oberer Stelle und kaum jemand gibt an, sich nur einen Partner für eine bestimmte Zeit zu wünschen. Daneben leiden Singles nach einer Trennung sehr unter der gescheiterten Beziehung. Paare sind sich zudem sicher bzw. träumen von einem gemeinsamen Leben bis ins hohe Alter. Dennoch halten Partnerschaften nicht mehr automatisch für immer.
Singlesein als Kompliment an die Paarbeziehung
Das liegt weniger an einer Bindungsangst oder Bindungsstörung, sondern vielmehr an der emotionalen Aufladung der Paarbeziehung heute. Die Basis einer Partnerschaft ist nun die romantische Liebe. Liebende wünschen sich eine Partnerschaft mit einer langen Dauer bei emotional hoher Qualität. Geht die Liebe als Basis verloren oder lässt die emotionale Qualität der Verbindung nach, so trennen sich viele Paare. Das verstehe ich als Kompliment an die Paarbeziehung an sich genauso wie eine Scheidung als Kompliment an die Ehe betrachtet werden kann. Die Institution Partnerschaft wird dabei so hoch gehalten wie noch nie!
Paarphasen und Singlephasen
Aufgrund der seriellen Monogamie wechseln sich im modernen Lebenslauf Paarphasen mit Singlephasen ab. Dabei sind die Tendenz und der Wunsch, sich wieder zu binden, höher als noch einige Jahrzehnte zuvor. Es ist fast schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden, nach einer gescheiterten Beziehung nicht alleine zu bleiben. Single zu sein ist zwar gesellschaftlich akzeptiert (zumindest für einen gewissen Zeitraum), jedoch ist die Gesellschaft paarorientiert.
Je jünger jemand bei der Trennung ist, desto eher wird er sich wieder binden. Es gibt zwar Menschen mit einem pathologischen Befund, doch die Mehrzahl der Singles ist sogar äußerst gewillt, sich zu binden und dass sie bereits Partnerschaftserfahrung haben, beweist letztendlich, dass sie zur Bindung fähig sind.
Mehr zum Thema können Sie hier nachlesen:
Deml, Sonja (2010): Singles: Einsame Herzen oder egoistische Hedonisten? Eine kritische und empirische Analyse. Centaurus Verlag, Freiburg
Foto: Picture-Factory – Fotolia.com
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