Mein Partner ist Perfektionist!
von Dr. phil. Sonja Deml | 19. Dezember 2014
Eine Partnerschaft mit einem Perfektionisten ist kaum zu ertragen. Die Wurzeln des Perfektionismus liegen meist in der Kindheit, eine Therapie kann helfen.
Das Zusammenleben mit einem Perfektionisten ist nicht einfach. Ein Perfektionist hat stark überhöhte Anforderungen an sich selbst und an den Partner. Außerdem stellt er dieselben überhöhten Ansprüche an die Partnerschaft. Das belastet alle Beteiligten und auf Dauer ist es nur sehr schwer, eine Partnerschaft mit einem Perfektionisten aufrecht zu erhalten. Doch es gibt Wege weg vom Perfektionismus weg hin zur Imperfektionstoleranz.
Grundlage des Perfektionismus
Die Grundlage für Perfektionismus wird oftmals schon in der Kindheit gelegt. Nie war das Kind schön, brav, erfolgreich genug. Immer musste es nach Besserem, also nach Perfektion streben um den Eltern zu gefallen oder um überhaupt wahrgenommen zu werden. Perfektionisten haben nicht selten perfektionistische Eltern und nehmen deren Perfektionismus als Maß der Dinge. Perfektionisten haben Angst im Nacken. Sie wissen nicht, dass diese Angst irrational, widersinnig und unlogisch ist.
Partnerschaft mit einem Perfektionisten
Eine Partnerschaft mit einem Perfektionisten ist in der Regel zum Scheitern verurteilt. Der Perfektionist kann alltägliche Begebenheiten, die natürlich und auch mal fehlerhaft sind, einfach nicht tolerieren. Ständig kritisiert er an sich selbst oder am Partner herum. Und auch besondere Ereignisse wie ein romantisches Dinner oder ein erholsamer Strandurlaub sind von ständiger Unzufriedenheit und von Meckereien begleitet. Perfektionisten sind Spaßverderber und können jede schöne Situation ruinieren. Imperfekte Menschen können einen Strandurlaub genießen. Sie sehen das Positive darin. Perfektionisten hingegen stellen das vermeintlich Negative in den Vordergrund: Der Strand könnte menschenleerer sein, die Sonne weniger heiß, das Essen im Hotel besser usw. Damit machen sie schöne Momente, welche die Partner aneinander binden, einfach kaputt.
Introvertierte und extravertierte Perfektionisten
Der Perfektionismus kann grundsätzlich nach innen oder nach außen gerichtet sein. Man spricht in diesem Zusammenhang vom introvertierten und extravertierten Perfektionismus. Die Übergänge sind allerdings fließend und die Arten des Perfektionismus sind auf unterschiedliche Weise spürbar. Introvertierte Perfektionisten sind unerbittlich gegen sich selbst. Sie können ihre eigene Fehlerhaftigkeit nicht annehmen und leiden quasi an sich selbst. Sie möchten alles immer perfekt machen. Extravertierte Perfektionisten verlangen von ihrem Partner ständige Perfektion. Der extravertierte Perfektionist kann nicht verstehen, dass der Partner Fehler macht. Der Partner muss die vom Perfektionisten erstellten Regeln punktgenau erfüllen. Allerdings sind diese Regeln so überzeichnet, dass sie sich nie perfekt erfüllen lassen. Das führt dazu, dass die Leistungen des Partners nie gut genug sind. Kein Wunder, wenn dem Partner irgendwann der Kragen platzt.
Perfektionismus therapieren
Damit niemands Kragen platzt, lohnt es sich, den Perfektionismus therapeutisch zu bearbeiten. Imperfektionstoleranz ist erklärtes Ziel einer solchen Therapie. Perfektionisten können lernen, die eigene Unvollkommenheit anzunehmen und auszuhalten. Sie müssen erkennen, dass sie und ihr Partner völlig normale, durchschnittliche Menschen mit Stärken und Schwächen sind. Perfektionisten müssen die Diskrepanz zwischen Soll und Ist als gesunde Spannung akzeptieren. Diese Differenz macht eine persönliche Entwicklung und eine Entwicklung der Partnerschaft nämlich erst möglich. Außerdem wird die Partnerschaft realistischer und authentischer wenn Perfektionisten ihre Maske sinken lassen und zu einer inneren Freiheit gelangen. Dazu gehört auch, kritisches Feedback zuzulassen und sich damit auseinanderzusetzen. Sich selbst Fehler einzugestehen und den Partner um Verzeihung zu bitten gehört ebenso zur Therapie wie eine gehörige Portion Humor im Umgang mit dem Perfektionismus. Wer über seinen Perfektionismus lachen kann, nimmt ihn schon gar nicht mehr so ernst. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu einem leichteren Leben.
Tipps, wie Sie mit dem Perfektionismus Ihres Partners am besten umgehen, erhalten Sie hier
Quelle: Bonelli, Raphael M. (2014): Perfektionismus. Wenn das Soll zum Muss wird. Pattloch Verlag, München
Foto: © andreaskrone – Fotolia.com
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