Wenn das erstes Date in die Hose geht…

von | 7. April 2010

Beim Online-Dating kann man enttäuschende erste Dates erfahren. Oft liegt es an den eigenen Projektionen, denen der potentielle Partner nicht entsprechen kann.

Vor lauter Aufregung kam ich 10 Minuten zu spät. Dieses Date hatte mich mehr beschäftigt, als alle andere zuvor (na ja, so ein Profi bin ich ja noch nicht). Aber ich habe mich regelrecht in das Foto des jungen Mannes verliebt. Jetzt weiß ich, es waren hauptsächlich Projektionen, die ich in das 3×4 cm große Profilfoto hinein interpretiert habe… Kann der Grad der Projektionen etwas über das jeweilige Bedürfnis, geliebt zu werden, Aufschluss geben? Bilden wir uns mehr ein, je größer unser Bedürfnis nach Mr. Right ist?

„Projektion ist das Verfolgen eigener Wünsche in anderen.“ ,meint unser guter Freund Sigmund Freud dazu. Im Buddhismus heisst es, bei sich selbst bleiben, also die eigene Aufmerksamkeit, das eigene Bewusstsein bei sich lassen anstatt Energie an andere zu vergeuden.

Oh ja, das ist wahr. Wie sehr habe ich mich mal selbst wieder verloren bei den Liebesphantasien mit Mr. Right… Wir Frauen in den 30ern wollen Kinder, wenn wir noch keine haben, und anscheinend suggeriert uns unser Unterbewusstsein, es muss dieser sein, damit jetzt endlich was geht. Das hört sich nach einem Aufschrei a lá Madame Ex-Tagesschau an, aber in Wirklichkeit stellt sich doch bei jeder Frau früher oder später diese Frage.

Doch zurück zum Date. Schon morgens begann die Recherche mit: Things to do on your first Date. Aha, dachte ich, gemeinsame Erlebnisse schüren den Zusammenhalt und bleiben in besonderer Erinnerung. Also zauberte ich die Idee mit Sekt und Erbeeren im Park aus dem Hut, ein schöner Spaziergang, vielleicht gemeinsam eine Ausstellung, damit man, falls es ganz schlimm sein sollte, wenigstens auf Bilder starren kann.

Aber er wiegelte ab und wollte sich mir in einem Café am angrenzenden Park treffen. Gut, warum auch nicht. Das Café fand ich zwar für meinen Geschmack etwas zu langweilig, aber jedenfalls gehörte es nicht zu einem meiner Stammläden. So war die Wahrscheinlichkeit, Bekannte dort zu sehen, eher gering.

Ich kam also 10 Minuten zu spät, die meinem Kleiderschrank geduldet waren. Ich probierte alle Varianten der Kleider an, von süß bis sexy, entschied mich dann aber doch für das Casual Outfit: Jeans und Top. Ich lag damit genau richtig. Denn ein Blick auf seine Kleidung verriet zwar ein kaum wahrnehmbares Trend-Bewusstsein (schwarz, die inflationäre Farbe aller Kreativen), aber kein Interesse an aufgerüschten Frauen. Also, Mädels, lieber down-dressen als im Cocktailkleidchen erscheinen. Insbesondere nachmittags um 3 zum Kuchen essen.

Das war das nächste Problem, vor lauter Aufregung schrie alles in mir nach Sekt, aber der Herr trank Kaffee und ich wollte mir nicht die Blöße geben und meinen latenten Hang zu Stimulanzien und Lockermachern wie ein Gläschen Sekt preisgeben.

Ich kam also im Café an und hielt Ausschau nach dem Traummann vom Bild. Irgendwann nach unendlichen Minuten (ich verschwand sogar noch mal auf der Toilette), erhob sich dann ein Mensch am hinteren Ende. Er war es. Hatte er mich nicht vorher gesehen, oder wollte er seine Enttäuschung erst verstecken? Mir gelang dies offensichtlich nicht so gut, denn Mr. Right entpuppte sich leider als kleiner Bruder des Traummanns. Kleiner Bruder sinngemäss, er hatte die gleichen Gesichtszüge und eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Foto war unverkennbar. Er hatte sogar die gleich Jacke an, aber das Wunschbild in meiner Phantasie erschlug den armen Wicht vor mir, buchstäblich gemeint, denn auch die Größe kam mir eher geringer vor als angegeben, oder waren es meine High-Heels?

Die ersten Minuten waren dann auch recht quälend. Immerhin schafften wir es 2 Stunden lang, zu tun, als würden wir dem anderen doch noch ne Chance geben, und ich muss sagen, er war ein voller Gentleman, bezahlte für uns beide, war sehr aufmerksam, fragte und hielt Türen auf. Nur sprang bei keinem von uns ein Funke über. Das erkennt man bekanntlich schon nach 5 Sekunden. Die zweidimensionale Welt kann manchmal so ein Trugschluß sein, was erkennt man schon am anderen auf dem Bild? Die unreine Haut? Die seltsame Gestik, den Tick beim Lächeln, den Geruch, den Redefluß, die Stimme… nichts dergleichen. Ich habe auch den Fehler gemacht, nicht zu telefonieren, denn schon an unserer Art zu kommunizieren, stellten wir die Ungleichheiten fest. Ich eher impulsiv, er langsam und bedacht, fast scheu. Wir beide waren zu unsicher, um zu wissen, wie wir uns da jetzt am besten raus winden.

Interessant war auch unser Background, was in den Emails noch zur Idealisierung beitrug, bekam in Real Life einen komischen Nachgeschmack. Während ich fast im dekadenten Luxusdress aufgetaucht wäre, hatte er Turnschuhe an und Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern gemacht, hey, was ich toll finde und auch ich in meiner Studienzeit getan habe, na ja so ungefähr. Aber treffender hätte die Diskrepanz zwischen uns nicht formuliert werden können.

Das wohlverdiente Glas Sekt gönnte ich mir zu Hause mit meiner Mitbewohnerin. Und nun weiß ich: relaxen, vorher telefonieren und eine Bar mit Alkoholika sind die besseren Wegbegleiter in diesem Labyrinth der Partnerwahl.

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