Die fünf Phasen der Trennungsbewältigung
von Dr. phil. Sonja Deml | 31. Mai 2022
Wer eine Trennung verkraften muss, durchläuft unterschiedliche Phasen. Diese Bewältigung ist wichtig, damit ein guter Neustart gelingt.
Eine Trennung ist eine massive Lebenskrise für alle Beteiligten. Das Beziehungsende muss möglichst gut bewältigt werden, um mit der alten Partnerschaft abzuschließen und offen für ein neues Leben sein zu können. Die Trennungsbewältigung läuft der Erziehungswissenschaftlerin Ute Steffens zufolge in fünf Phasen ab.
Trennungsphase 1: Konflikte und Entfremdung
Die erste Phase vollzieht sich zunächst im Verborgenen bereits während der Beziehung. Es kommt immer häufiger zu lautstarkem Streit zwischen den Partnern oder sie sprechen gar nicht mehr miteinander und tragen ihre Konflikte auf diese Weise aus. Sowohl durch offene Diskussionen als auch durch Schweigen tritt eine Entfremdung ein. Hat das Paar Kinder, wird häufig versucht, Spannungen und Auseinandersetzungen vor ihnen zu verbergen. Doch meist spüren diese, dass etwas nicht stimmt. Sprechen die Kinder die Problematik an, kommen Eltern oft in Erklärungsnot. So manche versuchen, ihren Nachwuchs zu beschwichtigen, die Streits zu verharmlosen und möchten allzu gern selbst daran glauben, dass alles wieder gut wird.
Trennungsphase 2: Schockphase
In Phase zwei wird die Trennung immer wahrscheinlicher oder sie wurde bereits ausgesprochen. Trotz aller Vorhersehbarkeit folgt der Schock. Die Schockphase ist zugleich die Phase des „Nicht-Wahrhaben-Wollens“, denn die Betroffenen blenden die Realität aus. Einige fühlen sich wie im falschen Film. Die Seele möchte Schmerzhaftes und Verunsicherndes von uns fernhalten und gibt uns und den Kindern die Hoffnung, dass diese Phase wie ein Gewitter vorüberzieht.
Trennungsphase 3: aufbrechende Gefühle
Wir verlieren jetzt die Kontrolle über unsere Gefühle, Tränen bahnen sich ungeachtet äußerer Umstände ihren Weg. Wir trauern und gleichzeitig sind wir wütend. Das ist wichtig, denn Wut ist der Gegenspieler der Trauer und hilft uns bei der Ablösung. Richtig wütend auf die Situation bzw. auf den Ex-Partner zu werden ist ein großer Fortschritt bei der Trennungsbewältigung, denn diese Emotion schafft Distanz. Wenn wir uns mit den beiden intensiven Gefühlen Wut und Trauer auseinandersetzen, erfahren wir viel über unsere Bedürfnisse, die nun aufbrechen. Wir können uns so besser kennenlernen und neu finden.
Trennungsphase 4: Aufbruch
In der Phase des Aufbruchs sehen wir unsere Leerstellen, die wir durch den Verlust der Partnerschaft haben und diese können wir jetzt neu besetzen und mit Inhalten füllen, die uns guttun. Jetzt ist ein passender Zeitpunkt, um aufgegebene Interessen oder Hobbys wieder aufzunehmen, neue zu finden und seinem Leben eine andere Richtung zu geben. Viele empfinden in Phase 4 aufrichtige Freude über die Trennung. Manche spüren jetzt, wie sehr sie die Partnerschaft eingeengt hat. Wenn Eltern eine verlässliche Organisation ihrer Kontakte zum Kind gelingt, dann haben sich Kinder während dieser Phase häufig schon an das neue Familienmodell gewöhnt.
Trennungsphase 5: Integration
In der letzten Phase merken die Betroffenen, dass die Trennung seelisch vollzogen ist und abgeschlossen werden kann. Die Erfahrungen der Trennung können in die Persönlichkeit integriert werden. Das bedeutet: Herausforderungen haben unser gewohntes Lebenskonzept angegriffen und konnten bewältigt werden, indem wir uns den neuen Lebensbedingungen angepasst haben.
Diese fünf Phasen durchlaufen wir nicht immer genau in dieser Reihenfolge, vielmehr kann es Rückfälle in frühere Phasen geben. Das ist unproblematisch, solange wir wieder in eine neue Phase eintreten bis wir uns frei, glücklich und gesund fühlen!
Zum Weiterlesen: So verarbeiten Kinder die Trennung ihrer Eltern
Quelle: Steffens, Ute (2022): Mit Kindern durch die Trennung – ein therapeutisches Lesebuch, edition claus
Foto: engin akyur – Unsplash
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