Was zählt zum Sonderbedarf?
von Dr. phil. Sonja Deml | 3. März 2015
Zum Sonderbedarf zählen unregelmäßige und außergewöhnlich hohe Kosten für Kinder Alleinerziehender. Wann kann man eine Zuzahlung zum Unterhalt geltend machen?
Manchmal passieren unvorhergesehene Ereignisse, die außergewöhnlich hohe Kosten für Alleinerziehende nach sich ziehen. Der laufende Tabellenunterhalt reicht dann nicht mehr aus und alleinerziehende Mütter und Väter haben die Möglichkeit, Sonderbedarf beim Unterhaltszahler zu beantragen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass der Sonderbedarf ein möglichst einmaliger, nicht vorhersehbarer und außerordentlich hoher Bedarf ist. Grundsätzlich müssen beide Elternteile anteilig für den Sonderbedarf ihrer Kinder aufkommen.
Beispiele für Sonderbedarf
- Säuglingserstausstattung für schwangere Alleinerziehende
- Arztkosten für besondere Therapieformen, welche die Krankenkasse nicht erstattet, zum Beispiel homöopathische Behandlung
- Zahnarztkosten bzw. unvorhersehbare Kosten für eine kieferorthopädische Behandlung
- Heilpädagogische Behandlung bzw. Betreuung
- Kosten für psychologische Therapie sofern die Krankenkasse dafür nicht aufkommt
- Studienreise, Auslandssprachkurs oder anderer Auslandsaufenthalt, welcher der Bildung dient
- Betreuungskosten für Kindergarten bzw. Hort, wobei hier der Verpflegungsanteil herauszurechnen ist
- Tagesmutter, Kindermädchen, Au-pair
- Kosten für Klassenfahrten betrachten die meisten Gerichte als Sonderbedarf genauso wie Abifahrten, Skilager, Schullandheim etc.
- Nachhilfe für unvorhersehbare schulische Leistungsabfälle, die einer kurzzeitigen Nachhilfe bedürfen; jedoch nicht wenn eine Lernschwäche besteht – dann ist es ein Mehrbedarf
- Prozesskosten, Prozesskostenvorschuss, vor allem die Kosten des Kindesunterhaltsverfahrens
- Studiengebühren, eventuell kann auch ein Auslandssemester als Sonderbedarf gelten sofern dadurch ein Bildungsvorsprung oder ein beruflicher Vorteil zu erwarten ist
- Umzugskosten bzw. Renovierungskosten
- Kosten, die durch Unfälle verursacht werden
- Ersatzbeschaffung für verloren gegangene kostspielige, aber notwendige Dinge
Beispiele für strittigen Sonderbedarf
Nicht immer ist die Lage eindeutig, denn häufig entscheiden die Gerichte unterschiedlich über diese Posten:
- Kosten für Familienfeiern
- Kommunion, Konfirmation oder andere kirchliche Festlichkeiten – diese Feierlichkeiten sind zwar in der Regel vorhersehbar, aber die Kosten können sehr hoch sein
- Gebühren für Privatschule bzw. Privatuniversität falls eine gehobene Einkommenssituation vorliegt
- Internatskosten
- Schüleraustausch
- Kosten für eine Brille oder Kontaktlinsen – hier stellt sich die Frage, ob der Bedarf vorhersehbar war und der entsprechende Geldbetrag theoretisch angespart werden konnte
Kein Sonderbedarf
- Besonders teure Kleidung oder Schuhe (außer es besteht eine medizinische Notwendigkeit dafür – dann aber abklären, ob es Sonderbedarf oder regelmäßiger Mehrbedarf ist)
- Lernmittel oder die Ausstattung zur Einschulung sowie die Schultüte
- neue Möbel
- Musikunterricht bzw. die Anschaffung eines Musikinstruments
- Sportunterricht bzw. Kosten für eine besondere Sportausstattung
- Reisekosten bzw. Urlaub
- Führerschein oder gar der Kauf eines Autos zum 18. Geburtstag
Sonderbedarf geltend machen
Die Ansichten der Gerichte, was als Sonderbedarf zählt, können sehr unterschiedlich sein. Auskünfte über die Chancen, Sonderbedarf geltend zu machen, geben Jugendämter oder Familienanwälte. Wurde Sonderbedarf erkannt und gewährt, kann dieser auch ohne Mahnung ein Jahr ab dessen Entstehung rückwirkend geltend gemacht werden. Ist der Sonderbedarf außergewöhnlich hoch und der Unterhaltsschuldner kann dieser Nachforderung nicht nachkommen, dann kann eine Ratenzahlung erwirkt werden.
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