Regretting motherhood: Reue statt Mutterglück
von Dr. phil. Sonja Deml | 30. April 2015
Die israelische Soziologin Orna Donath hat mit ihrer Studie über Regretting Motherhood eine riesige Debatte ausgelöst. Ist es okay, Mutterschaft zu bereuen?
In letzter Zeit wurde nicht nur in den sozialen Netzwerken, sondern auch ganz privat viel und heftig über Mütter diskutiert, die ihre Mutterschaft bereut haben. Diese Mütter, die so offen mit ihrem Problem umgehen, müssen sich starke Vorwürfe gefallen lassen – sie stoßen aber auch auf Verständnis bei ebenfalls von „regretting motherhood“ betroffenen Frauen.
Eine Studie zum Thema „regretting motherhood“
Die ganze Debatte um das Thema „regretting motherhood“ wurde durch eine Studie der israelischen Soziologin Orna Donath ausgelöst. Orna Donath führte mit 23 Müttern tiefenpsychologische Interviews, bei denen herauskam, dass diese Frauen ihr Muttersein bereuen. Diese Mütter gaben an, dass sie niemals schwanger hätten werden dürfen. Als Gründe dafür führen diese Mütter an: Sie haben ihr Leben nicht mehr selbst in der Hand, sondern das Leben dreht sich größtenteils um die Kinder. Die Mütter verlieren dadurch die Kontrolle über ihr Leben, ihre Partnerschaft, ihre Sexualität sowie über ihre Zukunfts- und Karrierepläne. Diese Frauen fühlen sich erschöpft und können ihre Bedürfnisse nicht mehr befriedigen, sie beneiden kinderlose Frauen. Sie fühlen sich der lebenslangen Verantwortung für ihre Kinder nicht gewachsen und haben teilweise panische Angst davor. Die befragten Frauen beteuerten übrigens, ihre Kinder natürlich zu lieben. Gleichzeitig wünschten sie sich, dass sie diese nie geboren hätten. Daran lässt sich erkennen, mit welchem grundlegenden Konflikt diese Mütter leben und wie ambivalent das Phänomen regretting motherhood ist.
Regretting motherhood: Ein Luxusproblem?
Wir leben in einer Zeit und in einer Gesellschaft, in der es seit einiger Zeit „chic“ ist, seine seelischen Befindlichkeiten ständig unter die Lupe zu nehmen. Ziel ist es nämlich, glücklich zu sein, erst glücklich zu werden oder noch glücklicher zu werden. Immer wieder fragen wir uns, ob wir tatsächlich glücklich sind oder ob wir nicht noch glücklicher sein könnten. Kritiker der regretting-motherhood-Debatte werfen den betroffenen Müttern vor, ein Luxusproblem zu haben. Diese entwerfen ein perfektes Leben, bei dem nichts und niemand ihre Glückspläne durchkreuzen dürfen. Schlafmangel, eine berufliche Auszeit oder täglich Breiflecken auszuwaschen gehört nicht zum Glücklichsein. Kinder stören das perfekte Glück also. Es gibt aber auch viele, die das Problem regretting motherhood verstehen können und erleichtert sind, weil endlich offen darüber gesprochen wird. Sie halten regretting motherhood nicht für ein Luxusproblem und auch nicht für eine Phase, die irgendwann vorüber geht. Vielmehr schämen sich die Betroffenen und sie weinen darüber, weil sie ihren Kindern nicht die Mutter sein können, die diese kleinen Wesen eigentlich bräuchten.
Regretting fatherhood
Kein Zweifel: Mutter zu sein ist anstrengend! Das ahnen auch kinderlose Frauen und einige entscheiden sich deshalb bewusst gegen ein Leben mit Kind, da sie ihre bisherigen Freiheiten nicht aufgeben möchten und sich in der Mutterrolle nicht so richtig sehen können. Dann ist es völlig okay und auch vernünftig, auf Kinder zu verzichten. Mutter zu sein ist aber noch anstrengender, wenn sich Frauen zu viel aufbürden. Grundsätzlich haben Frauen zu sehr den Anspruch, perfekt sein zu müssen und halten den Druck oft nicht aus. Manche Mamas geben so viel, reiben sich so sehr auf und verdrängen ihre eigenen Bedürfnisse bis sie es bereuen, Kinder zu haben. Stellt sich die Frage, warum es gerade Mütter betrifft und ob es so etwas wie regretting fatherhood gibt… Wir freuen uns auf Ihren Kommentar!
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