Geburtsort: Klinikgeburt, Geburtshaus, Hausgeburt, Alleingeburt?
von Dr. phil. Sonja Deml | 15. Juni 2015
Hilfe und Tipps für die Wahl des Geburtsortes. Vor- und Nachteile der Klinikgeburt, Hausgeburt, Alleingeburt bzw. Naturgeburt und der Geburt im Geburtshaus.
Die Klinikgeburt hat sich in den letzten 50 Jahren durchgesetzt. Die meisten Kinder hierzulande werden in einem Krankenhaus geboren. Dennoch lohnt sich auch ein Blick auf andere Möglichkeiten, sein Kind möglichst sanft und natürlich zur Welt zu bringen.
Vorteile und Nachteile der Klinikgeburt
Der größte Vorteil ist, dass immer jemand da ist, der medizinisch intervenieren kann. Zu den Nachteilen einer Klinikgeburt zählen die oftmals vorschnelle medizinische Intervention, das Vertrauen-in-den-eigenen-Körper-verlieren und der Trubel, der den Geburtsprozess und die Erholungsphase danach stört. Außerdem arbeitet das Personal im Schichtdienst und somit kann es gut sein, dass während der Geburt plötzlich andere Ärzte und Hebammen auftauchen. In einer Klinik gibt es zudem kaum Privatsphäre. Einige Schwangere genießen die Rundum-Versorgung in der Klinik und die Sicherheit, die von der Medizintechnik ausgeht, wiederum andere können sich zuhause erst so richtig entspannen und fühlen sich von der Technisierung der Geburt und dem ganzen Lärm gestört. Einige Kliniken bieten übrigens eine „ambulante Geburt“ an, d.h. schon kurze Zeit nach der Geburt dürfen Mutter und Kind nachhause.
Geburtshaus: Vorteile und Nachteile
Bei einer geplanten Geburt im Geburtshaus kennen die Schwangeren bereits alle Hebammen, die sie wahrscheinlich bereits während der Schwangerschaft betreut haben. Die Betreuung ist sehr intensiv und es besteht ein Vertrauensverhältnis. In einem Geburtshaus gibt es wie in vielen Kliniken die Möglichkeit zur schmerzärmeren Wassergeburt. Die Hebammen betreuen in der Regel nur eine Geburt und können sich mehr Zeit nehmen, um Gespräche während der Geburt zu führen, um Sorgen und Nöte zu nehmen, um Entspannungsübungen durchzuführen und um unterschiedliche Geburtspositionen auszuprobieren. In einigen Geburtshäusern gibt es auch ärztliche Betreuung. Besteht diese Möglichkeit nicht und gibt es Komplikationen, so muss die Geburt in eine Klinik verlegt werden. Leider übernehmen die Krankenkassen nicht die gesamten Kosten, die bei einer Geburt im Geburtshaus anfallen.
Vorteile und Nachteile der Hausgeburt
Bei einer Hausgeburt ist kein Arzt anwesend, sondern eine Hausgeburtshebamme, die wahrscheinlich auch schon die Schwangerschaftsvorsorge gemacht hat. Die werdende Mama ist mit ihrer Hebamme vertraut und die Geburt kann im gewohnten Umfeld zuhause stattfinden. Viele Schwangere fühlen sich daheim einfach am wohlsten und können sich dort ungestört entspannen. Sie müssen nicht mit Wehen zur Klinik oder zum Geburtshaus fahren und können sich selbstbestimmt in ihrer gewohnten Umgebung und in ihrem Tempo der Geburt hingeben. Die Komplikationsrate bei außerklinischen Geburten ist der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. sehr gering. Kommt es wider Erwarten dennoch zu Komplikationen, muss die Geburt oder die Nachsorge in ein Krankenhaus verlegt werden.
Alleingeburt und Naturgeburt
Es gibt Frauen, die ihrem Körper vertrauen, sich im Vorfeld sehr gut mit dem Thema Geburt auseinandergesetzt haben und sich eine selbstbestimmte Alleingeburt wünschen. Einige dieser Frauen möchten in der Natur gebären und suchen sich dafür ein ruhiges Stückchen Erde aus. Je nach Wunsch der Frau ist bei einer Naturgeburt der werdende Vater oder ein anderer Geburtsbegleiter anwesend. Andere Alleingebärenden möchten einfach zuhause sein und ihr Kind alleine und in aller Ruhe zur Welt bringen. Bei einer Alleingeburt ist keine Hebamme anwesend und auch kein Arzt. Manche Frauen möchten nicht, dass der werdende Vater anwesend ist, wiederum andere fühlen sich besser wenn eine Vertrauensperson im anderen Zimmer ist, die im Notfall Hilfe holen kann.
Buchtipps zum Thema:
Michel Odent warnt in „Im Einklang mit der Natur. Neue Ansätze der sanften Geburt“ vor der technisierten Geburtspraxis. Er möchte die Mutter nicht als Patientin sehen, sondern ihr und dem Kind eine möglichst sanfte Geburt ermöglichen. Michel Odent prangert an, dass die meisten Mütter heutzutage ihr Kind gebären ohne dass ihr Körper Hormone der Liebe freisetzt.
Sarah Schmid ist fünffache Mutter und Autorin von „Alleingeburt. Schwangerschaft und Geburt in Eigenregie“. Sie plädiert für eine selbstbestimmte Schwangerschaft und Geburt, möglichst frei von „eingeimpften“ Ängsten und im Einklang mit seinem Körper. Das Buch ist absolut lesenswert – auch für alle, die keine Alleingeburt planen. Sarah Schmid ist Ärztin und sie vermittelt ein gesundes medizinisches Basiswissen und räumt mit beängstigenden Geburtsmythen auf.
Wer eine möglichst schmerzarme und dabei natürliche Geburt erleben möchte, dem sei „HypnoBirthing. Der natürliche Weg zu einer sicheren, sanften und leichten Geburt“ von Marie F. Mongan empfohlen. Inzwischen gibt es auch HypnoBirthing-Geburtsvorbereitungskurse. Durch die darin erlernten Hypnose-Techniken baut sich die Angst vor der Geburt ab und viele Schmerzen entstehen erst gar nicht. HypnoBirthing lässt sich an allen Geburtsorten anwenden.
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