Eigenheim, ja oder nein? Freiheit versus Verantwortung
von Dr. phil. Sonja Deml | 16. Juni 2020
Viele Paare träumen von einem eigenen Haus. Ein Eigenheim schafft Freiheiten, bedeutet aber auch mehr Verantwortung für die Immobilienbesitzer.
Darlehenszinsen für Immobilien sind zurzeit sehr günstig, die Mietpreise steigen und sie verschlingen einen Großteil des Einkommens. Die Nachfrage nach Immobilien ist deshalb hoch, zumal sich Eigenheimbesitzer mehr Freiheiten zur Gestaltung ihrer gemütlichen Insel in unruhigen Zeiten versprechen. Doch sie tragen auch mehr Verantwortung.
Finanzielle Vorteile durch ein Eigenheim
Sich ein Haus oder eine Eigentumswohnung zu kaufen, kann sich finanziell durchaus lohnen. Dem Wohnkostenreport 2019 des Instituts der Deutschen Wirtschaft zufolge ist in 94% der deutschen Kreise und kreisfreien Städte das Wohnen im Eigentum günstiger als Mieten. Durchschnittlich liegt die Ersparnis bei fast 40%. Selbst in Metropolen wie Hamburg sparen Eigenheimbesitzer 35%, in Berlin sind es 27%.
Die finanzielle Belastung ist für Immobilienkäufer anfangs hoch und viele schränken sich jahre- oder jahrzehntelang ein, um die Darlehensraten zu begleichen. Doch langfristig betrachtet ist eine Immobilie eine gute Altersvorsorge, denn spätestens mit Renteneintritt kann die Miete zu einer großen finanziellen Belastung werden. Außerdem verfügen Eigenheimbesitzer kurz vor ihrem Ruhestand nicht nur über den Wert der Immobilie, sondern ihr Geldvermögen ist zudem höher als das von Mietern. Wohneigentümer bauen bis zu ihrem 60. Lebensjahr fast sechsmal so viel Vermögen auf wie vergleichbare Mieter (Auswertung einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes durch Empirica).
Mehr Freiheiten durch eine eigene Immobilie
Zunächst sind Eigentümer nicht mehr von ihrem Vermieter abhängig. Eine Immobilie verspricht mehr Sicherheit, denn ihnen kann nicht gekündigt werden.
Eigenheimbesitzer sind in vielen Punkten frei in ihrer Entscheidung was Renovierungen, Umbauten, Anlegen des Gartens usw. betrifft. Sie können ihr Eigenheim eher so gestalten, wie es ihnen gefällt, ökologische Aspekte mit einfließen lassen (z.B. Materialien ohne Wohngifte verbauen) und den Zeitpunkt für Renovierungsarbeiten frei wählen.
Durch den Kauf vergrößert sich in der Regel die Wohnfläche, was mehr individuelle Freiräume bedeutet. Ein eigener Garten bietet viel Erholungswert, Platz zum Toben für die Kinder und die Möglichkeit zur Selbstversorgung. Außerdem müssen Eigenheimbesitzer keinen Vermieter fragen, ob sie Tiere halten dürfen. Hausbesitzer müssen lediglich die Vorgaben ihres Wohngebietes beachten.
Mehr Verantwortung – die Nachteile eines Eigenheims
Eigenheimbesitzer müssen mehr Verantwortung für ihre Immobilie übernehmen. Ein Haus bringt oftmals unvorhersehbare finanzielle Belastungen mit sich, wenn zum Beispiel hohe Reparaturen auftreten. Daneben verursacht eine Immobilie höhere Nebenkosten, wie z.B. Grundsteuer (die der Vermieter auf mehrere Mieter umlegen kann) oder Gebäudeversicherungen. Ein Haus und einen Garten instand zu halten bedeutet höhere Kosten, die nicht auf einen Vermieter abgewälzt werden können und einen größeren Zeitaufwand. Eine Immobilie bedeutet mehr Arbeit.
Um- und Anbauten sind unter Umständen durch die Baubehörde genehmigungspflichtig und erfordern eine Unterschrift aller angrenzenden Grundstücksbesitzer. Das wiederum bedeutet eine Abhängigkeit von den Nachbarn und Streit mit diesen können Eigenheimbesitzer belasten. Ferner sind Eigenheimbesitzer eher räumlich gebunden, was sich bei einem Wohnort- oder Jobwechsel negativ bemerkbar machen kann.
Mieten – die finanziellen Vorteile
Mieter wähnen sich finanziell in etwas mehr Sicherheit was die konstanten Kosten betrifft. Mieterhöhungen müssen gerechtfertigt sein und innerhalb eines bestimmten Rahmens liegen.
Reparatur- und Instandhaltungskosten trägt in der Regel der Vermieter. Er ist verantwortlich für die Renovierung der Parkplätze und der Außenanlagen. Der Vermieter ist grundsätzlich auch für die laufende Instandhaltung verantwortlich. Denn der Mieter hat ein Recht auf eine mängelfreie Wohnung. Dieser Punkt kann allerdings im Mietvertrag auch anders geregelt werden, zum Beispiel mit einer Kostenbeteiligung des Mieters in bestimmter Höhe. Mieten ist finanziell mit weniger Risiko verbunden, da außer Miete und Kaution keine unvorhersehbaren Kosten anfallen.
Mehr Flexibilität beim Mietverhältnis
Mieten bedeutet eine höhere Flexibilität. Nach einer dreimonatigen Kündigungsfrist können Mieter jederzeit umziehen. Die persönliche Unabhängigkeit bleibt beim Mietverhältnis eher erhalten. Schließlich durchlaufen wir mehrere Lebensphasen, in denen die Wohnung durch den Einzug eines Partners erst mal zu klein wird, dann nicht babygerecht ist, um nach dem Auszug der Kinder viel zu groß zu sein. Mieter können sich immer die passende Wohnung suchen, weiter entfernte Jobangebote annehmen, leichter in die Nähe ihrer pflegebedürftigen Eltern ziehen usw.
Mieter haben mehr Freizeit, denn ihnen wird viel Arbeit, die mit der Pflege einer Immobilie verbunden ist, abgenommen. Oftmals gibt es eine Putzfrau fürs Treppenhaus, einen Gärtner für die Außenanlagen, einen Hausmeister für kleinere Reparaturen, Schneeschaufeln usw.
Manchmal ändert sich auch der Geschmack. Man will nicht immer im Apartment im belebten Studentenviertel, sondern auch mal in einer gediegenen Altbauwohnung mit Hinterhof, im schicken Designerhaus am Stadtrand oder in einer ungewöhnlichen Immobilie wohnen – weil es Spaß macht und ohne sich darauf festzulegen.
Mieten kann mehr persönliche Freiheit, gepaart mit Flexibilität und Spontanität bedeuten.
Foto: Canva.com
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