Heirat: Den Namen des Mannes annehmen
von Dr. phil. Sonja Deml | 28. Oktober 2014
Wer heiratet, hat verschiedene Möglichkeiten der Namenswahl. Meist nehmen Frauen den Namen ihres Mannes an oder entscheiden sich für einen Doppelnamen.
Bis 1991 bestand für Ehefrauen in Deutschland nicht die Möglichkeit, ihren Geburtsnamen weiterzuführen. Sie konnten sich lediglich auf einen Doppelnamen einlassen. Im März 1991 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Ehepartner getrennte Namen tragen dürfen. Keine Frau muss mehr den Nachnamen ihres Mannes annehmen und ihre Identität, welche sie mit ihrem Namen verbindet, aufgeben. Das Paar muss sich lediglich auf einen Ehenamen, den die möglichen Kinder erhalten, festlegen. Doch die Wahl des Nachnamens gehört offenbar zu einem Bereich, in dem sich trotz Gleichberechtigung noch die traditionellen Geschlechterunterschiede halten.
Die meisten Frauen nehmen den Namen des Mannes an
Es gibt keine offizielle Statistik, wie viele Frauen den Namen des Ehemannes annehmen. Lediglich die Standesämter können darüber Auskunft geben. Etwa 80% der Ehefrauen nehmen den Namen des Mannes an. Lediglich bis zu 5% der Ehemänner nehmen den Namen ihrer Frau an. Der Rest entscheidet sich in irgendeiner Form für Doppelnamen. Manchmal führen diesen beide Ehepartner, manchmal entscheidet sich die Frau für einen Doppelnamen und der Mann behält seinen eigenen Namen weiterhin und umgekehrt.
Warum Ehemänner ihren Namen behalten
Der Evolutionspsychologe Harald Euler erklärt die Tatsache, dass die meisten Ehemänner ihren Namen behalten damit, dass konservative Männer ihren Status durch ihren Namen präsentieren. Sie werden motiviert durch traditionelle Normvorstellungen, in denen der Stammbaum wichtig ist. Frauen suchen nach statushöheren Männern, was dieses Gehabe wiederum fördert. Frauen punkten weniger mit ihrem eigenen Status (Geld, Titel, Reichtum) und ihrem Namen. Bei ihnen zählt die Attraktivität mehr. Die Dominanz der Männer hat tiefe Wurzeln: Die meisten Kulturen sind durch die Vaterlinie geprägt. Die Männer verließen das Haus um die Versorgung der Familie sicherzustellen. So trat die männliche Dominanz einfach mehr zutage. Zum Teil ist das heute noch so wenngleich die Strukturen aufweichen.
Heirat: Welchen Nachnamen soll man wählen?
Viele Verlobte diskutieren vor der Hochzeit über die Namenswahl. Ein gemeinsamer Familienname kann zur Identitätsbildung einer Familie beitragen. Und für Kinder ist es schöner, wenn die Familie denselben Familiennamen hat. Behält die Frau ihren Geburtsnamen und trägt das Kind den Nachnamen des Papas muss die Frau bei Arztterminen oder bei der Einschulung erst mal erklären, dass sie die Mutter ist. Harald Euler betont, dass aufgrund der hohen Scheidungszahlen immer mehr Kinder bei nur einem Elternteil wohnen. In 90% der Fälle ist das die Mutter. Insofern baut sich die Vaterlinie immer weiter ab und die Mutterlinie gewinnt an Bedeutung. So gesehen wäre es besser, den Namen der Frau als gemeinsamen Familiennamen zu wählen. Andererseits antizipiert man ja nicht gleich die Scheidung bei der Bestellung des Aufgebots… Vielleicht sollte man einfach eine Münze werfen oder sich für den wohlklingenderen Namen entscheiden.
Wenn der Mann den Namen der Frau annimmt
Viele Männer fürchten sich vor der Aufgabe ihrer Identität wenn sie ihren Namen ablegen. Sie scheuen sich sogar vor dem Gespräch mit ihrem Vater und haben das Gefühl, ihre Herkunft zu verraten. Dazu eine kleine Anekdote: Ein gut situierter Mann möchte heiraten. Er trägt den Nachnamen eines bayrischen Traditionsessens. Seine Zukünftige möchte diesen Namen nicht haben. Er ist der einzige Sohn der Familie und quält sich mit Gewissensbissen, da nun dieser Name aussterben wird, wenn er den Namen seiner Frau annimmt. Da ihm dieser allerdings auch noch besser gefällt, entschließt er sich kurz vor der standesamtlichen Trauung zu einem Gespräch mit seinem Vater – vorausahnend, dass er das väterliche Herz brechen wird. Der Vater sagt dazu nur: „Guad, dass der blede Nam endlich weg is!“ und freut sich.
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Quelle des Interviews mit Harald Euler: Faust, Diana (2014): Du klingst wie Deine Mutter! Warum junge Eltern so schnell in die Rollenfalle tappen. Südwest Verlag, München
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Mein Mann hat meinen Namen angenommen und deswegen gab es überhaupt keine große Diskussion. Ich muss dazu sagen, dass der Geburtsname meines Mannes ein 08/15-Name ist, den man tausendfach in Deutschland findet, und meiner hingegen etwas ungewöhnlicher und seltener. Damit haben wir keine Probleme. Wir müssen ihn zwar am Telefon regelmässig buchstabieren, aber mein Mann liebt es, jetzt durch den seltenen Familienname etwas Besonderes geworden zu sein. Niemand von uns beiden würde aber sagen, dass er seine Identität deswegen aufgegeben hat. Im Gegenteil: vieles ist für ihn einfacher. Es freut ihn, dass er sich jetzt mit seinem Namen überall problemlos registrieren kann (zum Beispiel E-Mail-Adresse) und er beim Arzt nicht mehr zusätzlich nach Geburtsdatum oder Adresse gefragt wird, weil in der Datenbank noch jede Menge anderer so heissen wie er. Ich kenne diese Vorteile inzwischen seit über 30 Jahren und musste ihn aber gar nicht lange davon überzeugen. Wir haben nur kurz überlegt, ob es für unseren Sohn nicht andersherum einfacher gewesen wären, das Sprechen und Schreiben unseres Namens zu lernen. Es gibt also durchaus auch ganz pragmatische Gründe, die man vor der Hochzeit zu diesem Thema bedenken sollte. Letzten Endes würde ich aber einfach dazu raten, auch auf den Klang zu achten und dann gemeinsam zu überlegen, wie sich beide Partner am wohlsten fühlen. Für uns war die Entscheidung richtig!