Das Schweigen der Männer

von | 11. Juni 2012

Männern wird schon früh beigebracht, lieber zu schweigen, als über "unmännliche" Gefühle zu sprechen. Doch für Männer ist es wichtig, ihr Schweigen zu brechen.

Männern wird von klein auf beigebracht, dass ihr Schmerz, ihre Unsicherheit und ihre Angst in der Öffentlichkeit unangebracht sind. Das sei „unmännlich“! Durch dieses Schweigen entstehen Probleme, die sich nicht nur auf die Männer, sondern auch auf ihre Partnerschaft auswirken. Viele Männer schweigen bei Beziehungsgesprächen, gehen weg und betrinken sich in der Kneipe. Das ist weniger ein Desinteresse an der Partnerin, sondern vielmehr verstecken sie ihr Gefühlsleben und unter der rauen Schale steckt der weiche Kern.

Ein Junge weint nicht!

Schon kleine Jungs lernen, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Nach einem Radsturz sagen sie „Nicht geweint!“ und der Papa lobt „Toll!“. Doch würden sie lieber hemmungslos in Papas Armen schluchzen. Es täte ihnen gut, von ihm getröstet zu werden, wenn er das „Aua“ wegpustet. Im Durchschnitt äußern kleine Jungs von Natur aus ihre Emotionen sogar häufiger als Mädchen, doch das wird ihnen ab-erzogen. Männer sind also keineswegs vom Mars und Frauen von der Venus!

Lieber Schweigen und Schmerzen statt Gespräche

Wir sollten den Schmerz, den Jungs und Männer unsichtbar ertragen, wahrnehmen, fordert Michael Addis, Professor für Psychologie. Bei starkem Stress entwickeln viele Männer Körpersymptome wie Magen-, Rücken- oder Kopfschmerzen. Sie verleugnen, dass eine psychologische Beratung helfen könnte. Vielmehr behaupten sie, nicht deprimiert zu sein und trinken mehr Alkohol als sonst – was die Schmerzen verschlimmert. Professor Addis arbeitet mit diesen Männern und er hat die Formen des Schweigens analysiert.

Persönliches und privates Schweigen und Zum-Schweigen-Bringen

Männer werden so erzogen, dass sie eine milde Form von Alexithymie entwickeln. Männer in dieser psychischen Verfassung tun sich schwer, ihr Fühlen in Worte zu fassen. Viele Männer wissen nicht, dass sie Probleme haben. Ihre Innenwelt ist so lautlos, dass sie sie gar nicht vernehmen (persönliches Schweigen). Beim privaten Schweigen wissen Männer zwar, was in ihnen vorgeht, aber sie möchten es lieber für sich behalten. Problematisch, wenn das zu einer Standardeinstellung wird. Schwierigkeiten werden als nicht schlimm genug beurteilt. Diese Männer spielen den harten Kerl, doch schon ein „Sag bescheid, wenn Du mal reden willst“ kann einen Bewusstwerdungsprozess in Gang setzen, dass seine Innenwelt nicht tabu ist. Viele Männer machen die Erfahrung des öffentlichen Zum-Schweigen-Bringens schon in ihrer frühen Kindheit, indem ihnen Menschen zu verstehen geben, dass sie von ihrer Verletzlichkeit nichts wissen möchten. Entweder wurde das Thema gewechselt, über angesprochene Probleme gewitzelt oder der Mann als Weichei dargestellt. Männer schweigen, um sich weitere demütigende Erfahrungen zu ersparen.

Männerfrühling

Professor Addis rät Männern, flexibel zu werden. Es gibt Zeiten, in denen es besser ist, über seine Probleme zu sprechen und es gibt Zeiten, in denen es richtig ist, sich durchzuwurschteln. Männer sollen ihre Einstellung verstehen, ihr Männerbild und ihre Vorstellungen von Männlichkeit überprüfen. Das machen immer mehr Männer mit professioneller Hilfe, zum Beispiel in psychologischen Gesprächsrunden. „Ich spüre den Männerfrühling am eigenen Leib. Der Zulauf zu meinen Selbsterfahrungswochenenden für Männer hat sich stürmisch vermehrt. Sie kommen durchaus nicht nur auf Druck ihrer Frauen.“ sagt Mathias Jung. Vor allem bei informierten Männern aus der Mittelschicht spürt der Gestalttherapeut einen Mut zu Gefühlen.

Ich kann das bestätigen. Mehr Männer möchten eine psychologische Beratung. Es tut sich was und die Entwicklung der Männer bleibt spannend!

Quellen:

Addis, Michael E. (2012): Wo bist Du, Mann? Über das Schweigen der Männer und ihre verborgene Innenwelt. Patmos Verlag, Ostfildern

Jung, Mathias (2010): Reine Männersache. Krisen und Chancen: Das starke Geschlecht im Umbruch. Emu Verlag, Lahnstein

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