Roses Revolution Day: Gegen Gewalt in der Geburtshilfe

von | 18. November 2016

Gewalt gegen Frauen während der Geburt ist ein Tabuthema obwohl es viele Gebärende betrifft. Die Roses Revolution weist auf dieses wichtige Thema hin.

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Dass eine Geburt schmerzhaft und eine regelrechte Qual für die Gebärende ist, gilt als normal. Eine sanfte, liebevoll begleitete, schmerzarme oder gar schmerzfreie Geburt zuhause oder in einem Geburtshaus erleben die wenigsten Frauen hierzulande. Die meisten Geburten finden in Deutschland in Kliniken statt und das medizinische Personal greift zum Teil heftig und unnötigerweise in das Geburtsgeschehen ein. Gewalt unter der Geburt ist ein Tabuthema, doch der Roses Revolution Day am 25. November weist darauf hin und macht das Thema präsenter.

Körperliche Gewalt unter der Geburt

Kreißsäle sind voll, Personal ist knapp, Geburten sollen schnell gehen, denn die nächste wehende Mama kann jeden Moment an der Kreißsaaltüre klingeln. Wenn unnötige Eingriffe stattfinden, die Frauen nicht über die Notwendigkeit der medizinischen Maßnahmen informiert werden bzw. sie nicht mitentscheiden dürfen, sie physisch oder psychisch unwürdig behandelt werden, spricht man von Gewalt unter der Geburt. Gewalt während der Geburt ist ein Skandal in Deutschland. Betroffene genieren sich, darüber zu sprechen oder sie sind zu traumatisiert dazu. Viele glauben, das alles wäre normal, man könne sich eh nicht dagegen wehren. Deshalb leben viele Frauen mit ihrer Kaiserschnittnarbe, mit ihrer Dammnaht, den brutal durchgeführten vaginalen Untersuchungen, extremsten Grenzerfahrungen aufgrund verweigerter Schmerzmittel und dem Gefühl, ausgeliefert und vergewaltigt worden zu sein. Viele fühlen sich mit ihren festgeschnallten Beinen während des Kristellerns (das in vielen Ländern übrigens verboten ist!) ins Mittelalter zurückversetzt.

Physische Gewalt während der Geburt

Neben körperlicher Gewalt erleben Gebärende auch psychische Gewalt, wenn ihnen genervte, unfreundliche Ärzte oder Hebammen begegnen, wenn Druck auf sie ausgeübt wird, auf die Rechte der Gebärenden (die gibt es sehr wohl!) nicht geachtet wird, der werdenden Mutter Angst gemacht wird, ihre Fragen nicht beantwortet werden, auf ihre Sorgen nicht eingegangen wird, wenn sich jemand über sie lustig macht oder wenn pietätlos mit der Nabelschnur, der Plazenta oder totgeborenen Babys umgegangen wird.

Die Folgen von Gewalterfahrungen während der Geburt

Die Folgen von Gewalterfahrungen während der Geburt reichen von Trauma über Postnatale Depression, gestörte Mutter-Kind- oder Stillbeziehung und dem Gefühl, versagt zu haben bis hin zu dem Entschluss, sich nie wieder in solch eine Situation des Ausgeliefertseins zu begeben – mit der Konsequenz, auf weitere Kinder zu verzichten. Babys, die unter Gewalteinwirkungen geboren wurden, können nervöser sein, einen schlechten Apgar-Wert haben, schlechter schlafen und trinken, sog. „Schreibabys“ sein oder sogar körperliche Schäden (zerebrale Schäden, Minderdurchblutung usw.) durch das Kristellern erleiden.

Der Roses Revolution Day

All das darf nicht sein fordern Menschenrechtsorganisationen: Jede Gebärende soll ein Recht auf eine selbstbestimmte, liebevoll begleitete Geburt haben – ohne unnötige Eingriffe, welche Mutter und Kind schaden. Deshalb findet alljährliche am 25. November der Roses Revolution Day statt. Das ist eine globale Aktion gegen Gewalt in der Geburtshilfe. Roses Revolution wurde 2013 in Belgien auf der 3. Konferenz „Human Rights in Childbirth“ ins Leben gerufen. Betroffene Frauen legen an diesem Tag symbolisch eine rosa Rose vor die Kreißsaaltür, hinter der ihnen Gewalt angetan wurde. Einige legen sogar einen Brief dazu und beschreiben ihre Gewalterfahrungen. Durch diese Geste sollen die traumatischen Ereignisse nicht länger tabuisiert werden und die „Täter“ sollen zum Nachdenken gebracht werden damit Mutter und Kind in Zukunft während der Geburt respektvoll behandelt werden und mit schönen Gefühlen daran zurückdenken können.

Wer mehr zum Thema „Gewalt unter der Geburt“ wissen möchte, dem sei Christina Mundlos‘ gleichnamiges Buch wärmstens empfohlen. Darin schildern Betroffene ihre erschreckenden Gewalterfahrungen. Doch die Autorin lässt ihre Leser damit nicht zurück. Vielmehr gibt sie Schwangeren Tipps, wie sie sich vor Gewalt während der Geburt schützen können. Wer bereits Gewalterfahrungen gemacht hat, erhält Adressen, die betroffenen Frauen bei der Bewältigung helfen.

Foto: hookmedia – fotolia.com

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  1. Franzi schrieb:

    Ich habe es leider nicht geschafft den Text zu lesen ohne Tränen zu vergießen. Auch nach fast 5 Monaten beschäftigt mich dieses, doch eigentlich großartige, Ereignis sehr negativ. Man versucht es zu vergessen, eher noch zu verdrängen, aber es ist nun mal da und hat deutliche Spuren hinterlassen.
    Ich habe eine wundervollen Sohn bekommen, konnte aber lange Zeit keine wirklich enge Bindung zu ihm aufbauen. Und ich mache eindeutig genau einen Arzt dafür verantwortlich. Ich hatte kurz nach der Entbildung solche Schmerzen, dass ich meinen Sohn, der auf meiner Brust lag, meinem Partner geben musste und nur noch wimmern konnte.

    Danke für diesen Beitrag. Mein Sohn sieht mich mit seinen großen Augen an und weiß nicht was mit seiner Mama los ist. Es wird Zeit, darüber zu reden.