Kinderarmut in Deutschland
von Dr. phil. Sonja Deml | 4. Februar 2018
Die Kinderarmut in Deutschland konnte in den letzten Jahren nicht bekämpft werden. Jedes fünfte Kind lebt in wiederkehrender oder dauerhafter Armut.
Es ist schon schlimm genug, dass fast ein Drittel aller Kinder in Deutschland bereits erfahren musste, was Armut bedeutet – für 20% aller Kinder hierzulande bedeutet ein Leben in Armut Alltag. Millionen von Kindern leben immer wieder oder sogar dauerhaft unter dem Existenzminimum und können der Kinderarmut nicht entkommen, so die zentralen Ergebnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung.
Zur Einkommenssituation armer Familien
Als arm gilt der Studie zufolge eine Familie, wenn sie weniger als 60% des mittleren Einkommens zur Verfügung hat oder sie Transferleistungen vom Staat zur Grundsicherung bezieht. Kinder, deren Eltern einen Hochschulabschluss haben, haben bessere Chancen auf ein Leben in gesicherten Einkommensverhältnissen als Kinder, deren Eltern bestenfalls einen Hauptschulabschluss ohne Berufsausbildung haben. Je niedriger also der Bildungs- bzw. Ausbildungsgrad der Eltern, desto höher scheint das Kinderarmutsrisiko zu sein. Hinzu kommen noch weitere Faktoren wie Wohnort oder Haushaltstyp und Anzahl der Geschwister. Familien mit mindestens drei Kindern sind nämlich häufiger von Armut betroffen. Besonders bedroht sind außerdem alleinerziehende Mütter und Väter sowie Familien mit Migrationshintergrund.
Kinderarmut und die Grundbedürfnisse von Kindern
Kinder haben elementare Grundbedürfnisse: Sie brauchen Liebe, fürsorgliche Eltern und ein liebevolles Zuhause. Kinder brauchen aber auch genug zu essen, zu trinken, einen Schlafplatz und angemessene Kleidung sowie passende Schuhe. Von Armut betroffene Familien werden oftmals von den örtlichen Tafeln mit Essen versorgt und von anderen sozialen Einrichtungen mit Kleiderspenden, gebrauchten Möbeln, Geschirr, Spielzeug, Büchern etc. unterstützt. Städte bieten sog. Bildungspakete an. Trotzdem ist in vielen Familien kein Geld für Dinge vorhanden, die in anderen Familien selbstverständlich sind: Kino- oder Theaterbesuche, Reisen, Ausflüge oder ein Essen im Restaurant können sie sich schlichtweg nicht leisten. Damit sind Kinder aus armen Familien ein Stück weit aus dem sozialen und kulturellen Leben ausgeschlossen. Das prägt sie und kann zu einem verminderten Selbstwertgefühl, Depression und anderen psychischen Erkrankungen führen. Doch nicht nur die Kinderseele leidet unter der Kinderarmut. Die Kleinen leiden auch körperlich.
Kinderarmut macht krank
In verschiedenen Studien kam immer wieder heraus, dass Kinderarmut krank macht. Kinder aus prekären Verhältnissen leben mit mehr gesundheitlichen Risikofaktoren. Sie sind stärkerem Stress ausgesetzt, können diesen schlechter abbauen und sie werden ungesünder ernährt. Außerdem leben diese Kinder häufig in verkehrsreichen Wohngegenden mit fehlenden Spielmöglichkeiten. Ihre Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und sie sind vermehrt an Verkehrsunfällen beteiligt.
Wege aus der Kinderarmut?
An der Situation der von Kinderarmut Betroffenen hat sich in den letzten fünf Jahren nichts verbessert und ein Entkommen aus der Armutsfalle scheint schwierig, aber nicht unmöglich zu sein. Der wichtigste Faktor für einen Weg aus der Kinderarmut ist Bildung. Eine höhere Bildung zu erreichen scheint für Kinder aus prekären Verhältnissen allerdings schwieriger zu sein. Oftmals sind sie bereits stigmatisiert. Hier müsste auf jeden Fall verstärkt versucht werden, Chancengleichheit herzustellen. Millionen von Kindern können in Deutschland nicht unbeschwert aufwachsen, sondern erleben jeden Tag was es heißt, auf Dinge verzichten zu müssen, dafür ausgegrenzt zu werden und daran zu leiden. Dass darf nicht so bleiben!
Foto: Lane Erickson – Fotolia.com
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