Die neue traditionelle Ernährung

von | 8. Januar 2024

Ernährungsthemen liegen im Trend, trotzdem haben viele Schwierigkeiten, sich richtig zu ernähren. Wie gesund ist die traditionelle Ernährung?

Das Nahrungsmittelangebot hat sich in den letzten Jahrzehnten stetig erweitert, die Supermarktregale sind übervoll, die Obst- und Gemüseauslagen leuchten in den verschiedensten Farben, Superfoods mit unaussprechlichen Namen werden eingeflogen, Ernährungsratgeber füllen mehrere Regalmeter in den Buchhandlungen. Gesunde Ernährung ist ein großes Trendthema und dennoch werden viele krank, z.B. durch Nährstoffmangel. Zudem leiden immer mehr Menschen unter Allergien und Unverträglichkeiten. Fragen wir die beiden Ernährungsexpertinnen und Autorinnen der Buchreihe über die neue traditionelle Ernährung, Heidi Beeck und Esma Storck nach den Gründen.

Esma & Heidi: Das Problem ist die Uneinigkeit der sogenannten Experten und dadurch die Verwirrung – so wissen viele Menschen nicht mehr, was sie noch essen können, was überhaupt noch gesund ist und was nicht. Jede Woche wird einem anderen Lebensmittel die Schuld für diverse Krankheiten gegeben und kurze Zeit später wird es sogar als Superfood deklariert. Bei all den widersprüchlichen Ernährungsformen und -trends können wir gut verstehen, dass die meisten heutzutage verunsichert sind. Auf der Suche nach mehr Wohlbefinden und Gesundheit ging es uns nämlich genauso. Wir setzen unsere Hoffnung ständig auf eine neue Wunderdiät oder eine Wunderpille. Jedes Mal, wenn wir glaubten, die “perfekte” Ernährungsform gefunden zu haben, dauerte es nicht lange, bis wir merkten, dass die Resultate ausblieben oder es uns sogar schlechter ging als zuvor.

Gewichtsprobleme, Zahnprobleme, Unverträglichkeiten, aber auch hormonelle Dysbalancen sind nicht selten die Folge von einseitigen Ernährungsformen und Weglassdiäten, welche ganze Lebensmittelgruppen ausschließen und langfristig zu verheerenden Nährstoffdefiziten und schlussendlich auch zu diversen Krankheiten führen können. Hinzu kommen industrielle Fertigprodukte, versehen mit künstlichen Zusätzen, aber auch Ersatzprodukte wie Milchersatz, Fleischersatz oder Eierersatz, die dazu führen, dass viele das Selbermachen von LEBENSmitteln verlernt haben.

Sonja Deml: Was sind die größten Ernährungsfehler unserer Zeit und wie schädigen sie unseren Körper?

Esma & Heidi: Die Nahrungsmittelindustrie verdrängt seit Jahrzehnten das Wissen über unsere Lebensmittel. Plastikverpackungen und Tütchen sind heutzutage moderner, schneller und praktischer als echtes Kochen. Doch die meisten Fertigprodukte wie Backwaren und Müslis sind völlig denaturiert und haben nichts mehr mit echter lebendiger Nahrung zu tun. Die moderne Industrie zerstört unsere Nahrung in alle Richtungen, zumindest in den meisten Fällen. Sie mischen Substanzen in Produkte, um sie zu „optimieren“, länger haltbar und schmackhafter zu machen. Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe, Industriezucker, künstliche Enzyme – sie haben viele Namen und müssen auch nicht immer deklariert werden. Wenige schauen sich überhaupt noch die Zutatenliste an, es wird einfach gekauft, was schnell geht und hübsch aussieht. Es benötigt keine Studien, um zu verstehen, dass unser Körper nicht für solche Kunstprodukte geschaffen ist und auf Dauer mit Autoimmunerkrankungen, Allergien und Darmproblemen reagiert. Aus diesen Gründen möchten wir aufklären und zeigen, dass es heute im 21. Jahrhundert möglich ist, sich ursprünglich und gesund zu ernähren.

Sonja Deml: Ihr plädiert, bei der Ernährung nicht moderner, sondern traditioneller zu denken. Was sind die Grundlagen der neuen traditionellen Ernährung?

Esma & Heidi: Wir möchten zurück zum Selbermachen, zu echten Lebensmitteln und zu Nahrung, die uns wirklich nährt. Traditionelle Ernährung ist keine neue Trend-Ernährung. Sie ist nicht zuckerfrei, nicht glutenfrei, nicht lowcarb oder ketogen, nicht vegetarisch und schon gar nicht vegan. Wir suggerieren keine Weglassdiäten. Jede Lebensmittelgruppe hat ihre Berechtigung und kann in der richtigen Qualität und Zubereitung gesund sein.

Traditionelle Ernährung wird meist mit alten Familienrezepten oder mit Omas Leibgerichten verwechselt. Doch diese müssen nicht unbedingt gesund gewesen sein, denn bereits unsere Großeltern haben Weißmehl, raffinierte Öle und weißen Zucker genutzt. Deswegen nehmen wir uns lieber diejenigen zum Vorbild, deren Ernährung völlig naturbelassen und ursprünglich war: immer noch traditionell lebende, gesunde Völker. Hierbei orientieren wir uns am Vorbild der traditionellen Völker, die der Zahnarzt und Ernährungswissenschaftler Weston A. Price bei seinen Reisen besuchte. Die meisten von ihnen scheuten keine Mühen, Lebensmittel so auszuwählen und zuzubereiten, dass sie leicht verdaulich, frisch und nährstoffreich waren.

Wir haben den Titel “Die neue traditionelle Ernährung” für unser Buch nicht gewählt, um wieder einen neuen Ernährungstrend zu schaffen. Die traditionelle Ernährung holt das alte Wissen unserer Vorfahren zurück – eine Ernährung, die sich nach Jahreszeit, saisonaler und regionaler Verfügbarkeit richtet. Bei der traditionellen Ernährung geht es um das Erlernen der Basics, zum Beispiel, wie man eine Fleisch- oder Knochenbrühe kocht, wie hausgemachte Milchprodukte aus Rohmilch oder Getreideprodukte aus dem vollen Korn selbst hergestellt werden. Wir legen einen besonders großen Wert auf Qualität, Naturbelassenheit, Vollwertigkeit so wie auch das “Nose-to-Tail-Prinzip (Ganztiernutzung) und traditionelle sinnhafte Verarbeitungsmethoden wie Einweichen, Säuern, Fermentieren oder frisch Mahlen.

Sonja Deml: Welche Vorteile hat die neue traditionelle Ernährung?

Esma & Heidi: Viele beschreiben die traditionelle Ernährung als ein Gefühl des Ankommens, es fühlt sich einfach an wie “endlich nach Hause zu kommen”. Ein Ende der Suche nach der perfekten Ernährung, ein Ende der Verwirrung und der Selbstexperimente. Und tatsächlich ist es kein Verzicht, denn man bekommt alles, was das Herz begehrt – allerdings in der richtigen Qualität und mit einer darmfreundlichen Zubereitungsmethode. Die traditionelle Ernährung ist natürlich, ursprünglich, reich an bioverfügbaren Nährstoffen. All das trägt das Potential für Heilung in sich – ganz egal, ob es um die Verbesserung von Verdauungsproblemen, Mangelsymptome wie Karies, hormonelle Dysbalancen wie ein unerfüllter Kinderwunsch oder auch mentale Blockaden wie das Verhältnis zum Essen geht. Wer einmal auf traditionelle Ernährung umgestellt hat, wird nicht mehr zurückgehen, denn der Gewinn ist zu groß: mehr Geschmack, mehr Gesundheit und mehr Selbstbewusstsein, wenn es um Gesundheitsfragen geht.

Sonja Deml: Knochen- und Zahnerkrankungen sind ein großes Problem in unserer zivilisierten Gesellschaft, wovon leider schon die Kleinsten betroffen sind. Wie kann man mit der neuen traditionellen Ernährung vorbeugen und heilen?

Esma & Heidi: Je unnatürlicher unsere Nahrung wurde, desto kränker wurden die Menschen. Karies ist ein Anzeichen dafür, dass dem Körper die nötigen Bausteine für starke Zähne und Knochen vorenthalten werden. Die traditionelle Ernährung ist reich an fettlöslichen Vitaminen und Mineralien, die die Zähne und Knochen stärken. Wir konnten mit der traditionellen Ernährung innerhalb kurzer Zeit die ersten Erfolge feiern und Karies stoppen. Noch besser tut man, Kinder von klein an mit allem zu versorgen, was sie zum Wachsen, Gedeihen und für starke Zähne brauchen.

Sonja Deml: Wie streng befolgt ihr die Grundlagen und gibt es auch mal Ausnahmen, zum Beispiel wenn ein Kind zum Geburtstag eingeladen wird, die Schwiegermutter einen Guglhupf mit Industriezucker und Auszugsmehl mitbringt oder die Bratwurstsemmel beim Sommerfest so verführerisch duftet?

Esma & Heidi: Die „neue“ traditionelle Ernährung ist nur deswegen „neu“, weil traditionelle Ernährung im 21. Jahrhundert auch modern und mit neuen Ideen und Einflüssen gelebt werden kann. Sie soll es uns leicht machen, weil sie nicht streng ist und Raum für Ausnahmen und Weiterentwicklung gibt. Sie lässt uns an einem ganz normalen, modernen Leben teilhaben, aber findet immer wieder dorthin zurück, wo wir wirklich genährt und gestärkt werden: in der eigenen Küche. Wir halten es für wichtig, undogmatisch und entspannt zu bleiben. Ausnahmen und Essen unterwegs müssen für uns nicht zwingend vollwertig oder traditionell sein. Diese Ernährungsumstellung sollte Freude machen und schmecken. Es ist kein Verzicht, sondern eine Bereicherung! Wir ernähren uns zu Hause so gesund wie möglich, sind aber gleichzeitig völlig frei damit, Ausnahmen und Kompromisse zuzulassen. Dennoch kehre ich immer wieder zu dem zurück, was mich nährt, heilt und bis in die Zellen versorgt: Traditionelle Ernährung in unserem Zuhause.

Sonja Deml: Vielen Dank!

Wer mehr über dieses wichtige Thema erfahren möchte, dem seien diese Bücher von Heidi und Esma empfohlen:

Im Laufe des Jahres erscheinen ein Sommerspezial und ein Herbstspezial!

Foto: depositphotos.com
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